FORSCHUNG — 33
Signaldetektion: Supramolekulare analytische Chemie mit Boronsäurerezeptoren
Die Boronsäure-Gruppe zusammen mit Fluoreszenz-Indika-
toren wird sehr erfolgreich in Sensormolekülen für die Er-
kennung von Zuckern, Nukleotiden, Catecholen und Hydro-
xylcarbonsäuren eingesetzt. Ziel dieses Projekts ist die Syn-
these und Charakterisierung neuer fluorierter Boronsäuren
ohne fluoreszierende Einheit. Diese werden zur Detektion
und Diskriminierung von Diol-Verbindungen und anorgani-
schen Anionen in physiologischem Medium mittels
19
F NMR
verwendet. Die Anwesenheit eines Fluor-Atoms, zum Bei-
spiel in Fluorobenzenboronsäure, stellt einen sehr empfindli-
chen NMR-Sensor für die Umgebung der Boronsäure dar.
Wenn ein Zucker im physiologischen Medium bindet, shiftet
das
19
F NMR Signal aufgrund der entstandenen Zucker-
Boronat Verbindung. Es werden neue fluorierte Boronsäure-
Rezeptoren auf der Basis von Pyridinium- und Imidazoli-
umsalzen synthetisiert. Diese versprechen gute Wasserlös-
lichkeit und Analyt-Selektivität in Abhängigkeit der Anzahl
der Boronsäuregruppen. Eine Musteranalyse mit Sensor-
Arrays aus ausgewählten fluorierten Boronsäuren generiert
die Selektivität gegenüber speziellen Analyten. Dies ge-
schieht mittels multivariater Analyse, der Generierung von
Barcodes und einer audiovisuellen Darstellung
der
19
F NMR Signale. Schließlich werden die fluorierten
Boronsäuren in Enzymassays zur Darstellung der Kinetik
mittels
19
F NMR eingesetzt.
Signalprozessierung: Molekulare Logik und Rechnen
Seit der Einführung des ersten molekularen UND-Gatters
durch A.P. de Silva entwickelte sich die molekulare Logik zu
einem Forschungsgebiet, in welchem große Schaltungen
arithmetische Operationen durchführen können. Die Integra-
tion molekularer Logikelemente (Sensoren) in komplexe
Schaltungen birgt einige Herausforderungen: (1) Logikopera-
tionen in Lösung sind aufgrund geringer räumlicher Organi-
sation limitiert. (2) Die Art der Ausgabe macht es schwierig,
diese in ein nächstes Gatter zu überführen. (3) Viele moleku-
lare Logikgatter benötigen verschiedene chemische Spezies
als Eingaben und produzieren eine breite Palette an Ausga-
ben, was eine Verbindung der Gatter erschwert. (4) Die Ak-
kumulierung chemischer Ein- und Ausgaben verhindert ein
Rücksetzen. Kombinierte Ansätze aus Chemie und Informatik
sind notwendig, um den Herausforderungen in der Multiana-
lytdiagnostik und molekulare Logik entgegen zu treten. Wir
arbeiten mit Sensoren auf Mikrotiterplatten um eine chemi-
sche Plattform für komplexe Logik zu konstruieren, welche
einen diagnostischen Finalwert ausgibt. Unser Ansatz kombi-
niert die Synthese von neuen Fluoreszenz-Sensoren für Zu-
cker, Anionen und Gasotransmitter, wie z. B. NO oder CO,
mit einen Algorithmus für chemischen Ein- und Ausgaben auf
Mikrotiterplatten.
Abb. 2. Fluorobenzenboronsäure bindet an Modellsubstrat
Ethandiol. Foto: Alexander Schiller
Abb. 3. Die Arbeitsgruppe Schiller hat einen molekularen Rechner
auf Zuckerbasis entwickelt. Symbolfoto: Jan-Peter Kasper
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