Koordinationspolymere
Abb. 2. Wassermoleküle und 1,6-Diammoniumhexan-Kationen
in kanalartigen Hohlräumen von
Cu
1,5
(H
3
N-(CH
2
)
6
-NH
3
)
0,5
[C
6
H
2
(COO)
4
]∙5H
2
O [3].
FORSCHUNG — 31
Koordinationspolymere (= polymere Koordinationsverbin-
dungen) werden von uns seit etwa drei Jahrzehnten bear-
beitet. Während in der Anfangszeit diese Thematik nur von
wenigen anderen ebenfalls aufgegriffen wurde, hat sich
dies in den letzten eineinhalb Jahrzehnten dramatisch ge-
wandelt.
Koordinationspolymere zeichnen sich durch ein-, zwei-
oder dreidimensionale Strukturcharakteristik aus. Es bilden
sich Ketten-, Schicht- oder Gerüststrukturen, womit eine
Parallele zur Strukturchemie der Silicate sichtbar wird. Be-
sonderes Augenmerk verdienen Koordinationspolymere
mit offenen Gerüststrukturen, die diesen Verbindungen
molekularsiebähnlichen oder zeolithartigen Charakter ver-
leihen. In letzter Zeit wird dafür oft der schlagwortähnliche
Begriff „
metal organic framework“
(„MOF“) gebraucht.
Derartige Verbindungen können nützlich sein beim
Studium von Wirt-Gast-Wechselwirkungen, bei der grö-
ßen- und formselektiven Stofftrennung, zum Ionenaus-
tausch und zur molekularen Erkennung.
Eines der ersten Koordinationspolymere mit kanalarti-
gen Hohlräumen ist Na
2
Zn[C
6
H
2
(COO)
4
]∙9H
2
O (Abb. 1, [1]).
Es ist strukturell durch Kanäle gekennzeichnet, in denen als
Gastkomponenten Wassermoleküle untergebracht sind, die
über Wasserstoffbrückenbindungen zu zentrosymmetri-
schen Ringen verbunden sind.
Als Bausteine zur Bildung von Koordinationspolymeren
eignen sich sehr gut Komplexbildner, die über mehrere
Koordinationsstellen verfügen, welche an ein starres Ge-
rüst gebunden sind. Bei der Herstellung lassen sich ähnlich
wie bei der klassischen Zeolithsynthese Templatverbindun-
gen als strukturdirigierende Teilchen einsetzen. Die Her-
stellung kann in wässeriger Lösung, auch unter hydrother-
malen Bedingungen oder in Gelen erfolgen.
Sehr wichtig ist es, strukturlenkende Einflüsse zu ver-
stehen, um schließlich eine gezielte, rationale Synthese von
Feststoffen mit vorbestimmten, strukturellen Eigenschaften
zu ermöglichen. Hierzu sind nach wie vor umfangreiche,
systematische Untersuchungen nötig [2].
Eine mögliche praktische Anwendung setzt ausreichen-
de Stabilität der Koordinationspolymere unter den zu er-
wartenden Einsatzbedingungen voraus. Gerade die thermi-
sche Stabilität wird oft durch koordinierende Solvensmole-
küle in der Koordinationssphäre der Metallkationen beein-
trächtigt. Hier ist die Anwendung schwach koordinierender
Lösungsmittel und der Einsatz größerer Koliganden ein
aussichtsreicher Ansatzpunkt. Koliganden können außer-
dem beim Aufbau von Hohlraumstrukturen einen wichtigen
Beitrag liefern.
Unter dem Gesichtspunkt möglicher Anwendung erhal-
ten nichtzentrosymmetrische Koordinationspolymere be-
sonderes Gewicht, da hierdurch bestimmte physikalische
Eigenschaften ermöglicht werden (Chiralität, Piezoelektrizi-
tät, Ferroelektrizität, nichtlineare optische Eigenschaften).
Eine Gerüststruktur, die unter dem Einsatz von
1,6-Diaminohexan als Templatverbindung, erhalten wurde
ist Cu
1,5
(H
3
N-(CH
2
)
6
-NH
3
)
0,5
[C
6
H
2
(COO)
4
]∙5H
2
O (Abb. 2, [3]).
Ein thermisch sehr stabiles, nichtzentrosymmetrisches
Koordinationspolymer, das reversibel Wasser in kanalarti-
gen Hohlräumen aufnehmen und abgegeben kann, ist seit
längerer Zeit mit CaC
4
O
4
∙2,5 H
2
O bekannt [4].
[1] Robl C. (1992): Water Clustering in the Zeolite-like Channel Structure of
Na
2
Zn[C
6
H
2
(COO)
4
]∙9H
2
O. Mater.Res.Bull., 27, 99-107. DOI: 10.1016/0025-
5408(92)90047-4.
[2] Férey G. (2008): Hybrid Porous Solids: Past, Present, Future.
Chem.Soc.Rev., 37, 191-214. DOI: 10.1039/b618320b.
[3] Köferstein R., Robl C. (2014): Synthesis and Crystal Structure of Two Cu
II
-
benzene-1,2,4,5-tetracarboxylates with Three-Dimensional Open Frame-
works. Z.Anorg.Allg.Chem., 640, 310-316. DOI: 10.1002/zaac.201300527.
[4] Robl C., Weiss A. (1987): Alkaline-earth Squarates III: CaC
4
O
4
∙2.5 H
2
O, A
Novel Polymer Complex with Zeolitic Properties. Mater.Res.Bull., 22, 373-
380. DOI: 10.1016/0025-5408(87)90055-9.