Abb. 2. Biosynthesegenclusteraufbau und durch chemische
Synthese belegte Struktur von Kolossin A. Grafik: Hans-Dieter Arndt
D-L-Peptide sind stereoreguläre Peptide, deren Rückgrat
sich durch einen regelmäßigen (syndiotaktischen) Wechsel
der Stereochemie auszeichnet. Solche Strukturen treten
natürlich vereinzelt in sogenannten nichtribosomalen Pep-
tidnaturstoffen auf, interessanterweise häufig in antimikro-
biellen Substanzen. Die ungewöhnliche Stereochemie führt
dazu, dass reguläre, Peptid-übliche Sekundärstrukturen wie
α-Helices und β-Faltblätter destabilisiert werden und statt-
dessen sogenannte β-Helices auftreten können, die ähnlich
wie die DNA Doppelhelices bilden können.
In Forschungsarbeiten der Arbeitsgruppe gelang es
nun, mit Hilfe eines kombinatorischen Ansatzes syntheti-
sche D-/L-Peptide zu finden, die sich von natürlich vorkom-
menden antimikrobiellen Peptiden ableiten, jedoch völlig
neue Sequenzzusammensetzung haben. Dafür wurde ein
Ansatz der gezielten Dimerbildung von Unterbibliotheken
über terminale Disulfidbrücken etabliert, ebenso die auto-
matisierte Peptidsynthese und Reinigung der Zielverbin-
dungen. Diese Methode wurde dann genutzt, um in einem
dynamisch-kombinatorischen Experiment doppelt-helikale
Assoziate des antimikrobiell wirksamen D-/L-Peptids Gra-
micidin A anzureichern.
Die Synthese- und Reinigungsverfahren wurden dann
auf ein kryptisches Biosyntheseprodukt angewandt, das der
größten bislang gefundenen nichtribosomalen Peptidsynthe-
FORSCHUNG — 37
D-/L-Peptide in kombinatorischen Bibliotheken und in Naturstoffen
tase entstammt: Kolossin A (Kooperation Prof. Bode, Frank-
furt). Durch eine Kombination von gezielter Synthese plau-
sibler Kandidaten, Analytik und Biosyntheseforschung ge-
lang es, die exakte Stereostruktur dieses neuen Pentadeka-
peptids aus dem Insektenpathogen
Photorhabdus lumine-
scens
aufzuklären, von dem aus dem Erregerorganismus nur
wenige Microgram (!) isoliert werden konnten [2]. Ein syn-
thetisches Analogon erwies sich als wirksam gegenüber dem
Erreger der Schlafkrankheit. Gegenstand weiterer Untersu-
chungen ist nun, die Funktion dieses ungewöhnlichen
Stoffes im chemisch-ökologischen Kontext zu klären.
[2] Bode H. B., et al. (2015): Structure Elucidation and Activity of Kolossin A,
the D-/L-Pentadecapeptide Product of a Giant Nonribosomal Peptide Syn-
thetase, Angew. Chem., 127, 10493-10496. DOI:10.1002/anie.201502835.
Für Studierende des Studiengangs
Chemie M.Sc. wurde ab dem Som-
mersemester 2015 die Möglichkeit
geschaffen, in einem neuen Vertie-
fungsfach gezielt Kenntnisse in Syn-
theseplanung, Methodik und Ziel-
struktur- bzw. diversitäts-orientierter
Synthese zu erwerben und moderne
Verfahren der Wirkstoffforschung
kennenzulernen. Weiterhin werden
Einblicke in die aktuelle Entwicklung,
Wirkungsweise und Pharmakologie
wesentlicher Wirkstoffklassen ver-
mittelt. Studierende des Studiengangs
Chemische Biologie M.Sc. können mit
diesemWahlfach ihre Grundausbil-
dung in medizinischer Chemie vertie-
fen sowie biosynthetische und che-
misch-ökologische Module ergänzen.
Neben den theoretischen Ausbil-
dungsbestandteilen ist ein wesentli-
ches Element dabei ein neu aufge-
bautes Praktikum, in dem gezielt
chemisch-biologische Ansätze der
Wirkstoffforschung in exemplari-
schen Experimenten vermittelt wer-
den, z. B die kombinatorische Synthe-
se von Inhibitoren der Blutgerinnung,
die Quantifizierung der Bindung von
zuckererkennenden Proteinen und
in-silico-Methoden zur Untersuchung
von Wirkstoffstrukturen und Zielpro-
teinen. Damit wurden Ausbildungs-
elemente etabliert, die interessierten
Absolventen der chemischen Studi-
engänge einen besseren Zugang zu
den laufenden und geplanten For-
schungsinitativen der Profillinie „Life“
der FSU ermöglichen sowie die Ko-
operationen und Interaktionen mit
den außeruniversitären Forschungs-
instituten entscheidend ergänzen.
Vertiefungsfach „Synthese- und Wirkstoffchemie“ im Masterstudium Chemie und Chemische Biologie
Abb. 3. Vertiefungsfach Synthese-
und Wirkstoffchemie,
Versuch zur Parallelsynthese.
Foto: Jan-Peter Kasper