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Uni-JournalJena07/14
Forschung
Präzisionschemie mit Laserwerkzeugen
Forscher „sezieren“Moleküle mit Ultrakurzpulslasern
Schwachstellen im Enzym
Wie sichmit neuenWirkstoffen Entzündungen abmildern lassen
Es ist so etwas wie die Schutzpolizei
unseres Körpers: das Immunsystem.
Krankheitserreger werden von ihm un-
schädlich gemacht, verletztes Gewebe
abgebaut und dieWundheilung geför-
dert. Bei dieser Form der „Selbstvertei-
digung“spielenEntzündungsreaktionen
eine entscheidendeRolle. Dochmanch-
mal läuft dieVerteidigungsstrategie des
ImmunsystemsausdemRuder undZel-
len oder Gewebe des eigenen Körpers
geraten ins Visier: „Dann kann es zu
überschießenden
Entzündungsreak-
tionen kommen
und Krankheiten
entstehen“, weiß
Prof. Dr. Oliver
Werz und nennt
Asthma, Rheuma
oder Arterioskle-
rose alsBeispiele.
Doch das For-
scherteamumden
Pharmazeuten hat
gleich drei neue
Wirkstoffe entwi-
ckelt, mit denen
sich Entzündungs-
erkrankungen
künftig vielleicht
besser behandeln lassen. In renom-
mierten Fachzeitschriften stellen die
Forscher die potenziellen Therapeutika
vor, die ein Schlüsselenzym der körper-
eigenen Entzündungskaskade drosseln
Enzym 5-LOXmit zentraler Rolle
„Das Enzymmit dem Namen 5-LOX
spielt eine zentraleRolle inderSynthese
von Leukotrienen, die an zahlreichen
entzündlichen Prozessen beteiligt sind“,
erläutert Werz. „Wir haben uns 5-LOX
daher genau angeschaut und gefragt,
an welchen Stellen dieses Enzym an-
greifbar ist und wieWirkstoffe ausse-
henmüssten, diemit unserem Zielmo-
lekül wechselwirken können.“Auf diese
Weise konnten dieWissenschaftler drei
Wirkstoffkandidaten identifizieren.
So erweist sich ein Benzochinon als
wirksamer Hemmer der 5-LOX, eine
Substanz, die von dem Naturstoff Em-
belin aus dem „Falschen schwarzen
Pfeffer“ (Embelia ribes) abgeleitet ist.
Die Pharmazeuten konnten zeigen,
dass sich diese Substanz passgenau
in das aktive Zentrum des Enzyms ein-
fügt und so dessen Funktion blockiert.
Ähnlich vielversprechend hat sich eine
Substanzverwandte des rotvioletten
Farbstoffs Indirubin namens 6-BIO ge-
zeigt. 6-BIO hemmt das Enzym 5-LOX,
indemes für seineFunktionnotwendige
Andockstellen für andereMoleküle blo-
ckiert. Der dritteWirkstoffkandidat, ein
Benzimidazol mit der Kurzbezeichnung
BRP-7, hemmt 5-LOX nicht selbst, son-
dern schaltet einHelfer-Eiweiß aus, das
dasEnzym für seineWirkung inder Zelle
braucht.
US
Was passiert,
wenn ein ultra-
kurzer Laserpuls
auf ein bestimm-
tes Molekül trifft?
Wenn sich binnen
weniger Femto-
sekunden eine
große Menge
Energie an einem
winzigen Punkt
entlädt? Und wie
lässt sich dieses
dynamische Zu-
sammentreffen
von Lichtteilchen
und Materie kont-
rollieren? Diesen und ähnlichen Fragen
geht Prof. Dr. Stefanie Gräfe nach. Die
theoretische Chemikerin und ihr Team
haben jetzt gemeinsammit internatio-
nalen Partnern ein Verfahren demons-
triert, mit dem sich einzelne Moleküle
in definierte Produkte zerlegen lassen.
DasberichtendieForscher inder aktuel-
len Ausgabe des Fachmagazins „Physi-
Dazu nutzen die Forscher Ultrakurz-
pulslaser. Deren extrem kurze Licht-
blitze lösen einen chemischen Prozess
aus, der eigentlich viel länger dauert.
„So ähnlichwieeine kurzeExplosion an
genau den richtigen Stellen ein großes
Gebäude zumWanken und dann zum
Einsturz bringen kann“, sagt Stefanie
Gräfe. „Diese Laser könnenwir wie ein
Sezierbesteck nutzen, umMoleküle in
ganz bestimmte Bestandteile zu zerle-
gen.“WährenddieForscher einenLaser
wie eine Pinzette nutzen, dieMoleküle
in einem Gasstrahl einheitlich zu orien-
tieren, dient ein zweiter Laserpuls als
Skalpell, das dieMoleküle zerlegt.
„WelcheZerfallsproduktewir erhalten,
hängt davon ab, aus welchemWinkel
der zweite Laser auf dieMoleküle trifft“,
erläutert die Chemikerin. Wie das For-
scherteam inder aktuellenStudie zeigen
konnte, lassen sich die entstehenden
Produkte über dieWahl des Einstrahl-
winkels exakt vorherbestimmen.
Strahlungsschädenminimieren
DieseErkenntnisse seien auch für an-
dere Forschungsfelder relevant. „Alle in
der Natur vorkommendenMoleküle ab-
sorbierenelektromagnetischeStrahlung,
etwaUV-Strahlung“, erläutert dieChemi-
kerin. „Je besserwir verstehen, was in-
folgederWechselwirkungmit der Strah-
lung in den Molekülen passiert, umso
besser können wir zum Beispiel auch
Strategien entwickeln, Strahlungsschä-
den anMolekülen zuminimieren.“ US
Prof.Dr.Stefanie
Gräfe.
Kontakt:
Tel.:03641/948330
Foto:Kasper
DasTeamumProf.
Dr.OliverWerz
hatneueWirkstoff-
kandidatengegen
Entzündungeniden
tifiziert.Nunseidie
Unterstützungder
Pharma-Industrie
gefragt,soWerz.
Kontakt:
Tel.:03641/949801
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Foto:Kasper