Fakultätsbericht 2016-2017 der Physikalisch-Astronomischen Fakultät
Forschung — 77 Die erreichbare Polarisationsreinheit kann durch eine Vielzahl von Effekten limitiert werden, wobei derzeit die endliche Divergenz von Synchrotron- strahlen und die bereits erwähnten Mehrstrahlef- fekte im Zentrum der Forschung stehen. Nach- dem Röntgen-FELs und die nächste Synchrotron- Generation über eine deutlich reduzierte Diver- genz verfügen bzw. verfügen werden, arbeiten wir daran, nachzuweisen, dass unsere besten Polarimeter divergenz-begrenzt sind, um danach Polarimeter zu entwickeln, die mit den neuen Röntgenquellen noch höhere Polarisationsrein- heit liefern. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass am Hamburger FEL der Nachweis der Vaku- um-Doppelbrechung gelingen kann. Entscheidend ist dazu, die Mehrstrahlfälle zu unterdrücken. Am besten gelingt dies mit Dia- mant aufgrund der niedrigen Ordnungszahl Z und aufgrund der geringen Gitterkonstante. Andere physikalischen Eigenschaften, wie geringe Rönt- genabsorption, hohe Wärmeleitfähigkeit und ho- hes Röntgenreflexionsvermögen, die Diamant auch in der Röntgenphysik zu einem einzigarti- gen Material machen, treten hinzu. Tatsächlich werden Diamanten schon heute als Monochro- matorkristalle an Synchrotrons, als Material für Phasenplatten, als Strahlteiler und als Seeding- Kristall an FELs eingesetzt. Präzisionspolarimeter mit Diamanten zwei CVD-Diamantplättchen Quasi-Channel-Cut-Halter mit Diamantkristallen Die Herstellung von Channel-Cuts aus Dia- mant ist anders als bei Silizium natürlich keine Option. Vielmehr muss die Innenwand des Gra- bens durch präzise justierte einzelne Diamant- Kristallplättchen nachgebildet werden, man spricht von einem Quasi-Channel-Cut (QCC). Da- zu musste ein spezieller Kristallhalter entwickelt werden, der überwiegend aus Invar-Stahl gefer- tigt ist, um die thermische Ausdehnung zu mini- mieren. Wie in der Abbildung zu sehen, ist der erste Kristall (links) fixiert, während der zweite (rechts) an einer Spiegelhalterung befestigt ist, die eine parallele Ausrichtung beider Kristalle ermöglicht. Die präzise Justage der beiden Kris- talle zueinander erfolgt durch ein Piezoelement. Bei einer Strahlzeit an der European Syn- chrotron Radiation Facility (ESRF) konnte bei ei- ner Photonenenergie von 9838,75eV eine Polari- sationsreinheit von 8.9 . 10 -10 nachgewiesen wer- den. Das Resultat ist aus zwei Gründen bemer- kenswert: Erstens wurde es mit nur zwei Kristall- reflektionen erzielt, während bei Silizium 4 oder sogar 6 Reflektionen für eine vergleichbare Pola- risationsreinheit erforderlich sind. Zweitens wa- ren die Diamantkristalle alles andere als perfekte Kristalle. Inzwischen wurde ein QCC-Halter für vier Diamantplättchen entwickelt. Der Test die- ses hochkomplexen Aufbaus am Synchrotron steht unmittelbar bevor.
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