Fakultätsbericht 2016-2017 der Physikalisch-Astronomischen Fakultät

Forschung — 25 Abb. 2. Radien und Staubhelligkeiten von Scheiben. Warme und kalte Komponenten derselben Systeme sind jeweils verbunden. Quelle: Geiler & Krivov (2017). Viele Trümmerscheiben weisen zwei Komponen- ten auf: kalter Staub analog zu unserem Kuiper- gürtel und warmer Staub näher am Stern, mit bis- lang unbekannter Herkunft. Eine Möglichkeit, wo- nach der warme Staub von einem „Asteroiden- gürtel“ stammt, untersuchten wir mit Langzeitsi- mulationen der Erosion der Zwei-Komponenten- Scheiben in physikalisch modellierten Kollisions- kaskaden. Wir konnten zeigen, dass die inneren Scheiben länger und mehr Staub nachliefern kön- nen, als das aus einfacheren analytischen Model- len hervorging. Das vorgeschlagene Szenario kann für die helle Scheibe um q 1 Eri die verfügba- ren Daten gut erklären (Schüppler et al. 2016). Wir haben auch statistisch untersucht, ob dieser warme Staub durch Stöße innerhalb von „Asteroidengürteln“ entstehen könnte, und wie die protoplanetaren Scheiben ausgesehen haben müssen, damit sich aus ihnen die heutigen Trüm- merscheiben entwickeln konnten. Nach unseren Ergebnissen kann der warme Staub bei fast allen Systemen (98%; in Abb. 2 grau dargestellt) tat- sächlich von „Asteroidengürteln“ stammen, wäh- rend die restlichen Systeme (2%; rot) andere Sze- narien benötigen (Geiler & Krivov 2017). Darüber hinaus befassten wir uns mit jenen Trümmerscheiben, die von exzentrischen, schma- len Planetesimalgürteln stammen. Ursache für Forschungsprojekt 2: Kollisionsbasierte Modellierung von Trümmerscheiben deren Gestalt können unentdeckte Planeten sein. Unsere Modelle zeigen, dass das Erscheinungs- bild einer solchen Scheibe durch ein Zusammen- spiel von Strahlungsdruck, Transportprozessen und Kollisionen viel komplexer ist, als das aus der klassischen Störungstheorie hervorgeht (Löhne et al. 2017). Diese Ergebnisse sollen hel- fen, die Suche nach den in Scheiben verborgenen Planeten gezielter zu gestalten. Schüppler C,. Krivov A.V., Löhne T. et al. (2016): MNRAS 461 , 2146. Geiler F., Krivov A.V, (2017): MNRAS 468 , 959. Löhne T., Krivov A.V., Kirchschlager F. et al. (2017): A&A 605 , A7. Einen großen Teil unserer Arbeit führten wir im Rahmen der DFG- Forschergruppe FOR 2285 („Trümmerscheiben in Planeten- systemen“) durch (Sprecher: Prof. Dr. Alexander Krivov, Laufzeit der ersten Phase: 2015—2019, Ge- samtvolumen: ca. 2,2 M€). An die- sem Großprojekt nehmen 10 Pro- jektleiter(innen) teil (darunter drei vom AIU). Involviert sind vier Insti- tute zweier Fakultäten an der FSU Jena, sowie Braunschweig, Ham- burg und Kiel. Geforscht wurde außerdem in Zusammenarbeit mit mehreren weiteren Gruppen in Deutschland, anderen EU-Ländern, USA und Australien. Forschungsprojekt 3: Exozodiakaler Staub Neue interferometrische Untersuchungen naher Hauptreihensterne offenbaren bei ca. 20% der Systeme einen geringen Überschuss im Nahinfra- rot, was als Feinstaub in nächster Nähe zu den Sternen gedeutet wird (die sog. „exozodiakalen Staubwolken“). Es bleibt unklar, woher dieser Staub stammt, und was ihn dort halten kann. Wir modellierten die Infrarotdaten von neun Syste- men, um die Eigenschaften dieses heißen Stau- bes einzuschränken, und fanden, dass die Staub- körner kleiner als 1 µm sein und sich innerhalb von ~1 AE befinden müssen. Weiterhin stellten wir fest, dass die Staubtemperatur in allen unter- suchten Systemen möglicherweise sehr ähnlich ist (Kirchschlager et al. 2017). Den Kenntnis- stand zum immer noch rätselhaften Exozodi- Phänomen, einschließlich verschiedener Szenari- en (Abb. 3), haben wir in einem umfassenden Übersichtsartikel präsentiert (Kral et al. 2017). Kirchschlager F., Wolf S., Krivov A.V. et al. (2017): MNRAS 467 , 1614. Kral Q., Krivov A.V., Defrere D. et al. (2017): Astron. Rev. 13 , 69. Abb. 3. Ein mögliches Szenario zur Entstehung von Exozodis. Quelle: Kral et al. (2017). DFG-Forschergruppe „Trümmerscheiben in Planetensystemen“

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