Fakultätsbericht 2016-2017 der Physikalisch-Astronomischen Fakultät

24 — Forschung Professur für Astronomie Prof. Dr. Alexander Krivov Forschungsschwerpunkte Der Schwerpunkt der Forschung unserer Arbeitsgruppe liegt auf den vielfältigen (beobachtenden, theo- retischen sowie laborbasierten) Untersuchungen von sogenannten Trümmerscheiben. Trümmerschei- ben sind Gürtel von Kometen, Asteroiden und ihrem Staub. Sie umgeben Hauptreihensterne wie unsere Sonne und sind eine natürliche Komponente von Planetensystemen — genau wie die Planeten selbst. Trümmerscheiben kommen ungefähr so häufig vor wie mit aktuellen Methoden detektierte Exoplane- ten. Sie können die Signaturen noch unentdeckter Planeten tragen und sie sind die sichtbaren Spuren nicht direkt beobachtbarer Planetesimale. Außerdem spiegeln sie die Wachstumsgeschichte der Plane- tesimale und die dynamische Entwicklung des ganzen Systems wider, einschließlich der Migration und Streuung von Planeten. Deshalb bieten Trümmerscheiben ein großes Potential, Information über Plane- tensysteme zu gewinnen, zusätzlich zu direkten Studien von Exoplaneten. Wir setzten unsere Arbeit mit Daten des Welt- raumteleskops Herschel fort. Diese stammen aus den Schlüsselprogrammen „DUNES“ (Teil- nehmer am AIU: Krivov, Löhne, Mutschke) und „DEBRIS“ (Teilnehmer am AIU: Booth). Das Ziel war es, aus einer Stichprobe von 178 Sternen verlässliche Zahlen für die Häufigkeit von Trüm- merscheiben um FGK-Sterne in Sonnennähe zu gewinnen (Montesinos et al. 2016). Für eine Teil- stichprobe von 105 Sternen innerhalb von 15 pc lag die gefundene Häufigkeit bei 22 +8 -7 %. Dieser Wert ist für junge und alte Sterne ähnlich. Die Staubleuchtkraft sinkt mit dem Alter der Syste- me, wie es aus den Modellen zu erwarten ist. Forschungsprojekt 1: Beobachtungen von Trümmerscheiben Auch neue Beobachtungsdaten wurden mit modernsten Instrumenten in verschiedenen Wel- lenlängenbereichen gewonnen. Beispielsweise wurde mit der Kamera SCUBA-2 am JCMT- Teleskop auf Hawaii eine neue Durchmusterung („SONS“) bei Sub-mm-Wellenlängen durchge- führt (Holland et al. 2017). Um 49 von 100 beo- bachteten Sternen wurde eine im Vergleich zur Sternphotosphäre erhöhte thermische Emission registriert. Diese Studie verdoppelt die Anzahl von Detektionen mit Einzelschüsselteleskopen im Sub-mm-Bereich. Die detektierten Scheiben sind 1- bis 10-mal so groß wie der Kuipergürtel und um ein Vielfaches massereicher. Das prominente Einzelsystem um den nahen K2-Stern Eri (einer der „fabulous four“) war ebenfalls Ziel unserer Beobachtungen, sowohl im Radio mit ALMA (Booth et al. 2017, s. Abb. 1) als auch im mittleren Infraroten mit dem fliegen- den stratosphärischen Observatorium SOFIA (Su et al. 2017). Mit den gewonnenen Daten zeichnet sich ein vollständiges Planetensystem ab, mit einem zuvor entdeckten Radialgeschwindigkeits- planeten in ca. 3 AE Entfernung vom Stern, min- destens einem Asteroidengürtel bei 10 bis 20 AE, sowie einem Kuipergürtelanalog bei etwa 70 AE. Zum ersten Mal wurde die Breite des letzteren gemessen (ca. 12 AE). Des Weiteren fanden wir Indizien für mindestens einen weiteren Planeten zwischen den beiden Gürteln. Montesinos B., Eiroa C., Krivov A.V., et al. (2016): A&A 593 , A51. Holland W., … Booth M., … et al. (2017): MNRAS 470 , 3606. Booth M . , Dent W.R.F., Jordan A. et al. (2017): MNRAS 469 , 3200. Su K.,… Krivov A.V., Löhne T., ... et al. (2017): AJ 153 , 226. Abb. 1. Der nördliche Bogen der kalten Trümmer- scheibe um Eri, beobachtet mit ALMA. Die gestrichelte Linie markiert eine Entfernung von 70 AE zum Stern, welcher am unteren Bildrand als heller Punkt zu erkennen ist. Quelle: Booth et al. (2017).

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