Fakultätsbericht 2016-2017 der Physikalisch-Astronomischen Fakultät

Forschung — 99 Freie Atome und Ionen weisen mit ihren Spektralli- nien deren ganz eigenen „Fingerabdruck“ auf, der sowohl zur Identifizierung als auch in vielfältigen Anwendungen genutzt wird. Dieser Fingerabdruck entsteht aus der Dynamik der Elektronen in der so- genannten (Elektronen-) Hülle der Atome und ist für viele leichte und mittelschwere Atome in den ver- gangenen Jahrzehnten sehr detailliert untersucht worden. Die Kenntnis dieser Spektrallinien der Ele- mente wird heute nicht nur bei der Entwicklung und Charakterisierung neuer Materialen, in der Informati- onstechnik oder für die Entwicklung neuartiger Licht- quellen genutzt, sondern hilft auch die Grundlagen der Astro- und Plasmaphysik sowie vieler anderer Teilgebiete der Physik besser zu verstehen. In der Kernphysik bspw. helfen präzise laser-spektroskopi- sche Messungen die Multipolmomente und Spins der Kerne zu bestimmen und so mehr über die Stabi- lität radioaktiver Isotope zu lernen. – Dennoch stel- len präzise Vorhersagen zu den Spektrallinien schwerer und offenschaliger Elemente noch immer eine große Herausforderung dar, auch wenn heute oftmals lange Isotopenketten experimentell erzeugt werden können. In enger Zusammenarbeit mit ver- schiedenen experimentellen Gruppen am CERN, in Jyväskylä (Finnland), Löwen (Belgien) oder Man- chester (UK) führen wir gegenwärtig daher umfang- reiche Rechnungen durch, um die Hyperfeinstruktur und Isotopieverschiebung schwerer Elemente bes- ser vorhersagen zu können. Solche winzigen Ver- schiebungen in den Spektrallinien verschiedener Isotope eines Elementes entstehen vor allem aus der Mitbewegung der Kerne (der sogenannte Mas- senverschiebung) sowie der Form der Kerne und deren verschiedenen Ladungs- und Magnetisie- rungsverteilungen. Abb. 2 zeigt bspw. die mittleren Ladungsradien mehrerer 3d Übergangsmetalle als Funktion der Neutronenzahl der Isotope. Die rot mar- kierte Kurve für Mangan ergibt sich hier mithilfe der in unserer Gruppe berechneten Isotopieparameter. Das ausgeprägte Minimum bei 28 Neutronen weist auf den erwarteten Schalenabschluss in diesem Bereich hin. Um solche Vorhersagen künftig auch für schwere Elemente treffen zu können, werden in un- serer Gruppe neue theoretische Modelle und Metho- den entwickelt, bei den die korrelierte und relativisti- sche Elektronenbewegung zuverlässiger als bisher berücksichtigt werden können. Dafür sind auch Aus- sagen zu den (theoretischen Unsicherheiten notwen- dig, die oftmals nur durch aufwendige Vergleichs- rechnungen mit systematisch vergrößerten Modell- räumen bestimmt werden können. Forschungsprojekt 2: Präzise Vorhersagen für (super-) schwere Elemente Abb. 2. Mittlere Ladungsradien für verschiedene Ele- mente mit Neutronenzahlen von 25 bis 40. Der Scha- lenabschluss bei N = 28, der mithilfe unserer Atom- strukturrechnungen bestimmt wurde (rot markiert), ist deutlich zu sehen; aus Heylen et al. 2016. Heylen H., Babcock C., Beerwerth R., et al. (2016): Nuclear structure of the Mn isotopes studied via charge radii systematics, Phys. Rev. C 94 , 054321, DOI: 10.1103/PhysRevC.94.054321 . Minamisono K., Rossi D.M., Beerwerth R., et al. (2016): Charge radii of neutron-deficient 52,53 Fe produced by projectile fragmentation; Phys. Rev. Lett. 117 , 252501, DOI: 10.1103/PhysRevLett.117.252501 . Ferrer R, Barzakh A., Bastin E., et al. (2017): Towards high-resolution laser ionization spectroscopy of the heaviest elements in super- sonicgas jet expansion, Nature Communications 8 , 14520, DOI: 10.1038/ncomms14520. Granados C., Barzakh A., Bastin E., et al. (2017): In-gas laser ionization and spectroscopy of actinium isotopes around the N=126 closed shell, Phys. Rev. C 96 , 054331, DOI: 10.1103/PhysRevC.96.054331.

RkJQdWJsaXNoZXIy OTI3Njg=