Lichtgedanken 06
Rubrik 47 06 | LICHT GEDANKEN aufenthaltes in Antwerpen. Die Biolo- gen beobachteten einen Molch bei der Nahrungsaufnahme und wunderten sich über dessen Kopf-, Kiefer- und Zungenbewegungen, nachdem er eine Beute aufgenommen hatte. »Der Molch schien tatsächlich zu kauen«, so Heiss. Klarheit brachte dann die Röntgenvi- deoanlage am Institut für Zoologie und Evolutionsforschung. Salamander kauen wie urtümliche Landwirbeltiere Das Kauverhalten der Molche wirft die Frage auf, wie es sich mit Blick auf die Evolution erklären lässt. »Wir können davon ausgehen, dass echte Gaumen- zähne beim gemeinsamen Vorfahren von Reptilien und Säugetieren vorhan- den waren und wir vermuten, dass der Zunge-gegen-Gaumen-Kaumechanis- mus, wie wir ihn bei Molchen fanden, sehr ursprünglich für Landwirbeltiere ist«, sagt Heiss. Tatsächlich finden sich sehr ähnliche Kaumechanismen bei ursprünglichen Säugetieren wie Amei- senigel und Schnabeltier, aber auch bei Seekühen; auch wenn diese Tiere die Gaumenzähne mit rauen Keratinstruk- turen ersetzt haben, reibt die Zunge immer noch die Nahrung gegen den Gaumen. Die Zunge entstand mit dem Landgang der Wirbeltiere In evolutionärer Hinsicht kam mit der Eroberung des Landes buchstäblich Be- wegung in den Kauapparat der Tiere. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Zun- ge, die sich erst mit dem Landgang der Wirbeltiere entwickelte. Sie ermöglicht überhaupt erst das Kauen, indem sie die Nahrung an die richtige Stelle transpor- tiert. »Bei Fischen hilft hier die Wasser- strömung«, so Egon Heiss. Ähnlich ist das bei Amphibienlarven und entspre- chend wandelt sich der Kiemenapparat von Amphibien im Zuge der Metamor- phose zu einem Zungenapparat, wenn die Larven das Wasser verlassen. Die nun vorgestellten Ergebnisse sind erste Resultate des Forschungsprojekts »Form, Funktion und Evolution der Nahrungsmanipulation bei Urodela«, das von der Deutschen Forschungsge- meinschaft gefördert wird. Das Projekt läuft noch bis Ende 2019 und vielleicht lässt sich Triturus carnifex bis dahin noch weitere Geheimnisse entlocken. Dr. Egon Heiss und Doktorand Daniel Schwarz (l.) platzieren ein Exemplar des Alpen-Kammmolchs Triturus carnifex in der Hochgeschwindigkeits-Röntgenanlage, um seine Kaubewegungen zu analysieren. Kontakt Dr. Egon Heiss Institut für Zoologie und Evolutionsforschung Erbertstraße 1, 07743 Jena Telefon: +49 36 41 9-49 183 E-Mail: egon.heiss@uni-jena.de www.speziellezoologie.uni-jena.de Original-Publikation: Chewing or not? Intraoral food processing in a salamandrid newt. Journal of Experimental Biology (2019), DOI: 10.1242/jeb.189886
RkJQdWJsaXNoZXIy OTI3Njg=