Lichtgedanken 06
Triturus carnifex frisst alles, was er über- wältigen kann. Auf seiner Speisekarte stehen Regenwürmer, Mückenlarven und Wasserflöhe, aber auch Schnecken, kleine Fische und sogar die eigenen Nachkommen. Triturus carnifex – zu deutsch Alpen-Kammmolch oder Italie- nischer Kammmolch – ist ein Schwanz- lurch und gehört zu den Echten Sala- mandern. Ein Forschungsteam um Dr. Egon Heiss aus dem Jenaer Institut für Zoologie und Evolutionsforschung hat jetzt das Kauverhalten des Molchs un- tersucht und dabei Erstaunliches festge- stellt. »Laut Lehrbuch verschlucken Amphi- bien ihre Beute unzerkaut, diese An- sicht konnten wir widerlegen«, sagt Dr. Heiss. Gemeinsam mit dem Doktoran- den Daniel Schwarz und Dr. Nicolai Ko- now von der University of Massachu- setts konnte der Forscher belegen, dass die Kammmolche ihre Beute tatsächlich kauen, jedoch anders als die meisten landlebenden Wirbeltiere. Gaumenzähne töten die Beute »Diese Salamander nutzen ihre soge- nannte Gaumenbezahnung, um die Beute zu töten und gleichzeitig auf- zubrechen«, sagt Heiss. Das heißt, die Kieferbezahnung dient vor allem dazu, die Beute zu fangen bzw. festzuhalten. Mit Hilfe der Zunge werden die Beute- tiere dann rhythmisch gegen den Gau- men gerieben. Dort befinden sich sehr scharfe Zähne, die etwa einen halben bis einen Millimeter lang sind und stän- dig nachwachsen. Diese Zähne reißen beispielsweise die extrem zähe Kuti- kula von Fliegenmaden auf: »Dadurch werden die Beutetiere getötet und gleichzeitig können Verdauungssekrete besser angreifen«, sagt Dr. Heiss. Für den Molch zugleich eine Lebensversi- cherung: Manche Insektenlarven haben so starke Beißwerkzeuge, dass sie sich damit durch den Leib des Jägers boh- ren könnten. Den ersten Anstoß für das verblüffende Forschungsergebnis gaben Beobachtungen von Nicolai Konow und Egon Heiss während eines Forschungs- 46 Salamander kauen doch! Ein Forschungsteam der Universitäten Jena und Massachusetts entdeckt vermutlich urtümliches Kauverhalten bei Schwanzlurchen und widerlegt damit die bisherige Lehrmeinung, wonach Salamander ihre Beute unzerkaut verschlingen. TEXT: STEPHAN LAUDIEN Z O O L O G I E
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