Lichtgedanken 06
Rubrik 43 06 | LICHT GEDANKEN Kontakt Prof. Dr. Andreas Beelmann Zentrum für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration Humboldtstraße 11, 07743 Jena Telefon: +49 36 41 9-30 950 E-Mail: Andreas.Beelmann@uni-jena.de www.komrex.uni-jena.de Original-Publikation: Thüringen-Monitor Integration. Lebenslagen, Einstellungen und Perspektiven von Geflüchteten (2019) Geflüchtete haben ein hohes Vertrauen in die Institutionen, etwa in die Polizei und die Bundesregierung, und unter- stützen demokratische Werte und Prin- zipien. »Die Zustimmungsraten lagen dabei in vielen Fällen sogar über dem Niveau der deutschen Bevölkerung«, so die Autoren. Mehr als die Hälfte der Befragten machte Diskriminierungserfahrungen Die demokratische Ausrichtung der meisten Geflüchteten ist umso erstaun- licher als viele von ihnen über Diskri- minierungserfahrungen berichten. Vor allem bei der Wohnungs- und der Ar- beitsplatzsuche wurde dies von über der Hälfte der Befragten angegeben. Zudem berichteten über zehn Prozent von körperlichen Angriffen. »Diese Daten untermauern auch die Analysen der vorhergehenden Thürin- gen-Monitore, in denen in beträchtli- chem Umfang ausländer- und migra- tionsfeindliche Einstellungen ermittelt wurden, die sich offenbar teilweise auch in konkretem dissozialem und kriminellem Verhalten niederschla- gen«, schreiben die Wissenschaftler. Andererseits bewerten die Geflüch- teten die deutsche Bevölkerung sehr positiv, denn bereits zwei Drittel der geflüchteten Personen in Thüringen verbinden enge Freundschaften mit Deutschen. Dennoch wünschen sie sich noch mehr und engere Kontakte zu den Einheimischen. Um dies zu vertiefen, will sich eine ausgeprägte Mehrheit der geflüchteten Männer und Frauen (96,3 Prozent) in mindestens einem Bereich zivilgesell- schaftlich engagieren. Am stärksten ausgeprägt ist die Engagementbereit- schaft bei sozialen und Hilfsvereinen sowie Vereinen zum Schutz von Men- schenrechten. Neun von zehn Befragten möchten Aspekte der deutschen Kultur und Le- bensweise übernehmen. Die meisten haben zugleich den Wunsch, Elemente der eigenen Kultur beizubehalten, je- doch wird wahrgenommen, dass dies von etwa der Hälfte der Thüringer Be- völkerung nicht begrüßt wird. Geflüch- teten scheint der Erwerb der deutschen Sprache sehr wichtig, so sprechen sich 90 Prozent für verpflichtende Sprach- kurse aus. Dies sicher auch unter den Erfahrungen, wie schwierig es ist, eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle zu finden. Die Integration in den Arbeits- markt ist für die befragten Geflüchteten von vordringlicher Bedeutung. Aber erst rund 20 Prozent der Befragten ist dies gelungen – je höher Bildungsgrad und Sprachkenntnisse sind, umso bes- ser gelingt es. Besondere Herausforderungen stel- len sich für geflüchtete Frauen Bei Fragen zur Gleichberechtigung zeigen sich bei etwa der Hälfte jedoch patriarchale Einstellungen, welche von der gesellschaftlichen Norm einer liberalen Demokratie abweichen. Vor diesem Hintergrund stellen sich beson- dere Integrationsherausforderungen für geflüchtete Frauen. »So waren sie im Vergleich zu Männern hierzulande seltener zivilgesellschaftlich engagiert, nahmen seltener an Sprachförder- und Integrationsmaßnahmen teil, suchten weniger häufig Beratungsangebote auf und wiesen eine geringere Arbeits- marktbeteiligung auf«, bilanziert die Studie. Chancen für gelingende Integration sind in vielerlei Hinsicht gut Die KomRex-Studie belegt, dass gesell- schaftliche Integration einer größeren Anzahl von Geflüchteten eine her- ausfordernde Aufgabe ist, die sowohl von den Geflüchteten als auch von der Aufnahmegesellschaft Anstrengungen und Anpassungen verlangt. Ist man aus humanitären Gründen gewillt, Menschen in Not zu helfen und daran interessiert, dass Integration gelingen und positiv gestaltet werden kann, sollte man nicht denen das Feld über- lassen, die sich – auf beiden Seiten – nicht an die Grundsätze einer freiheit- lich-demokratischen Grundordnung und humanitäre Werte halten. Die Chancen auf eine gelungene Integrati- on der Menschen stehen – zumindest was die befragte Gruppe angeht – in vielerlei Hinsicht gut, macht die Studie Hoffnung. Gefördert wurde die Studie von der Staatskanzlei des Freistaates Thürin- gen sowie der Regionaldirektion Sach- sen-Anhalt-Thüringen der Bundes- agentur für Arbeit. Für die Studie haben Forschende des Zentrums für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration (KomRex) über 900 Geflüchtete in Thüringen zu ihren Erfahrungen und Einstellungen befragt.
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