Lichtgedanken 05
Rubrik 39 05 | LICHT GEDANKEN Seinen Studentinnen und Studenten bringt Prof. Althöfer nicht nur die Grundlagen der Mathematischen Optimierung bei, er gibt ihnen zudem das Rüstzeug fürs spätere Leben mit auf den Weg: »Ich vermittle den Studierenden nicht nur Mathe- matik, sondern bringe ihnen auch bei, wie sie mit Nichtmathe- matikern kommunizieren können.« Althöfer weiß natürlich, dass Mathematiker gern als weltfremd gesehen werden, als Nerds, die sich in Aufgaben vergraben und darüber die Welt vergessen. Deshalb gilt bei ihm die Regel, dass Examensarbei- ten am Anfang und am Ende allgemeinverständlich verfasst sein müssen – »in der Mitte darf gezaubert werden!« Die Fähigkeit, sich in mathematische Probleme vergraben zu können, zeichnet auch Ingo Althöfer aus. Doch dabei bleibt er »weltlichen« Themen stets verbunden. So faszinierte den passionierten Schachspieler die Idee, mit einer Dreihirn-Me- thode gegen Internationale Großmeister zu spielen. Drei Hir- ne, das heißt, zwei Computer und Althöfer selbst treten gegen einen Schachprofi an. Die beiden Computer schlagen jeweils einen Zug vor, Prof. Althöfer entscheidet sich für einen. Da- mit gelang es ihm, im Jahr 1997 die deutsche Nr. 1 Artur Jus- supow zu schlagen. Im Kulturstadtjahr 1999 sollte es dann ein Match gegen Garri Kasparow geben, das nicht zustande kam. »Kasparow hatte gegen Deep Blue verloren und wohl wenig Lust, schon wieder öffentlich gegen Computer anzutreten«, sagt Ingo Althöfer. Zudem wäre es schwierig geworden, die etwa 500 000 Mark zusammenzukriegen, die das Spektakel gekostet hätte. Nach den Dreihirn-Experimenten mit Schach wandte sich Ingo Althöfer dem Go-Spiel zu. Auch bei diesem Spiel haben die Computer inzwischen den Menschen besiegt. Ingo Althö- fer hat aktuell eine deutsche Freistil-Go-Liga gegründet, das heißt, der Einsatz des Computers ist erlaubt. Er schätzt, dass die deutschen Informatikhochburgen Karlsruhe oder Pader- born gewinnen werden; in Jena sei leider der Starttermin ver- passt worden. Spiele faszinieren Ingo Althöfer. Sein Lieblingsspiel ist »Sta- cheldraht«, das auch »Rauf-und-Runter« genannt wird, oder »Wizard of Oz«. Der Mathematiker hat selbst zahlreiche Spie- le entwickelt, sein erfolgreichstes ist »Finale«, das sich über 240000 mal verkauft hat. Als sein schönstes Spiel bezeichnet Ingo Althöfer »EinStein würfelt nicht«, das er im Eigenverlag herausgebracht hat. Was ein gutes Spiel ausmacht? »Ich muss die Regeln in zwei Minuten verstanden haben und benötige keine 80-seitige Anleitung.« Beim Verhandeln mit den Spie- le-Verlagen sei es für ihn von Vorteil gewesen, nicht mit der Tür ins Haus zu fallen, sprich, er verschwieg zunächst, Mathe- matiker zu sein: »Leute unserer Zunft gelten als verkopft und kompliziert, das schreckt schnell ab.« Dass Mathematik kein Hexenwerk ist, beweist Ingo Althöfer ab und zu auf der Büh- ne: Dreimal schon nahm er am »Einstein-Slam« teil, bei der Premiere 2015 in Jena gewann er mit »Roulette mit Physik«. Mit dem Vortrag »Physik und Mathematik von Highheels« holte er im Jahr darauf den 3. Platz und 2018 kam noch Platz 2 hinzu. Thema des Vortrages: »Legosteine in der Waschma- schine«. Althöfers aktuelles Projekt hat nichts mit Spielen zu tun. Im nächsten Jahr möchte er eine Biografie des Mathematikers Lothar Collatz schreiben, dessen Nachlass er im Uni-Archiv Hamburg gefunden hat. »Mir war vorher nicht bewusst, wel- chen Spaß es macht, in Archiven zu wühlen.« Diesen Spaß möchte er an seine Leser weitergeben. Das Buch über den nu- merischen Mathematiker Collatz, der es auf über 1 200 akade- mische Nachkommen brachte, soll ein kurzweiliges Lesebuch werden, auch für Nicht-Mathematiker. Es braucht keine pro- phetischen Gaben, dem bodenständigen Gelehrten Althöfer das Gelingen dieses Unterfangens vorauszusagen. Noch ist viel Platz auf der Kugel aus Kork, auf die Mathematiker Prof. Dr. Ingo Althöfer seine Gäste als Andenken Primzahlen notieren lässt.
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