Lichtgedanken 05

Rubrik 29 05 | LICHT GEDANKEN taktstelle zweier Nervenzellen, ver- baut und für die schnelle Impulswei- terleitung zwischen den Nervenzellen unabdingbar. Zunächst studierte das Wissenschafts­ team Nervenzellen in der Zellkultur. »Wir konnten Schritt für Schritt nach- weisen, wie die Antikörper den Rück- zug der AMPA-Rezeptoren mit dieser Untereinheit in die Zelle auslösen und eine Kette von Kompensationsmecha- nismen in Gang bringen, in deren Folge AMPA-Rezeptoren ohne die Unterein- heit die Erregungsweiterleitung in der Synapse übernehmen«, so der Biologe Dr. Holger Haselmann. »Mit fatalen Folgen für die Funktion und Erregbar- keit der Synapse.« Im nächsten Schritt induzierten die Forscher die Krankheit im Tiermodell und untersuchten die Nervenzellen im Gehirn von Mäu- sen, denen der Antikörper verabreicht wurde. Hier zeigten sich die gleichen Umorganisationsprozesse der AMPA- Rezeptoren wie in der Zellkultur. Im Tiermodell wurden dann auch die Folgen dieser Umorganisation deut- lich. Holger Haselmann: »In den er- krankten Mäusen war die Fähigkeit der Synapsen, sich an Aktivitätsanfor- derungen anzupassen, im Vergleich zu gesunden Mäusen verringert.« Diese als synaptische Plastizität bezeichne- te Eigenschaft ist eine Voraussetzung für Vernetzungsprozesse im Gehirn. In Verhaltenstests schließlich offen- barten die Tiere mit der Krankheit Ein- schränkungen bei kognitiven und Ge- dächtnisleistungen. Zum Vergleich: Patienten mit AMPA-Rezeptor-Au- toimmunenzephalitis leiden unter Verwirrtheit und Problemen mit dem Kurzzeitgedächtnis. Pathophysiologie der seltenen Autoimmunerkrankung aufgeklärt Die Wissenschaftler sind in den von der Deutschen Forschungsgemein- schaft geförderten Sonderforschungs- bereich »ReceptorLight« in Jena und Würzburg eingebunden, der die Funk- tion von Rezeptoren mittels High-End- Mikroskopie untersucht. So gelingt es mit höchstauflösender Fluoreszenzmi- kroskopie, die AMPA-Rezeptoren im Bereich der Synapse mit einer Auflö- sung von 40 Nanometern darzustel- len. »Diese hochmodernen Bildge- bungstechniken erlauben es, klinisch relevante Fragen auf der Ebene der Moleküle zu bearbeiten und zu beant- worten«, betont Christian Geis. »Hier konnten wir die zugrundeliegende Pa- thophysiologie einer seltenen Autoim- munerkrankung aufklären.« Damit können die Wissenschaftler zu einer schnelleren Diagnose der Autoimmun-Gehirnentzündungen beitragen, deren Symptome mitunter schwierig einzuordnen sind und gele- gentlich missinterpretiert werden. Der Verdacht darauf lässt sich durch Im- muntests inzwischen schnell abklären. Und ist die Autoimmunerkrankung sicher erkannt, kann sie, wie auch im Fall von Susannah Callahan, zumeist erfolgreich behandelt werden. Prof. Dr. Christian Geis und Dr. Holger Haselmann (vorn) S C HW E R P U N K T Kontakt Prof. Dr. Christian Geis Klinik für Neurologie Am Klinikum 1, 07747 Jena Telefon: +49 36 41 9-32 34 13 E-Mail: christian.geis@med.uni-jena.de www.neuro.uniklinikum-jena.de Original-Publikation: Human Autoantibodies against the AMPA Receptor Subunit GluA2 Induce Receptor Reorganization [...], Neuron (2018), DOI: 10.1016/j.neuron.2018.07.048 Symbolbild links: Probandin bei einem Elekt- roenzephalogramm (EEG). Bei einer Enzepha- litis sind Veränderungen in den Hirnströmen messbar.

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