Lichtgedanken 05
S C HW E R P U N K T 25 05 | LICHT GEDANKEN Nanomaterialien sind bereits länger im Einsatz. Warum braucht es über- haupt neue Nanopartikel? Richtig, man kann durchaus sagen »Nano« ist in der Pharmazie ein »alter Hut«: Nanopartikel aus Titanoxid sind etwa in Sonnencremes zu finden, Sili- ziumdioxid in Kosmetika oder in Ta- blettenmatrices. Was neu ist und woran derzeit intensiv geforscht wird, sind Nanomaterialien, die als Transportmit- tel von Wirkstoffen eingesetzt werden, um Wirkstoffe besser dosieren zu kön- nen oder um sie gezielt über biologische Barrieren zu transportieren. Wie funktioniert das? Durch die Verpackung von Wirkstof- fen in Nanopartikel können toxische, instabile oder schwer lösliche Substan- zen überhaupt erst in den Organismus gebracht werden. Zum anderen können Nanopartikel mit einer Zielsteuerung versehen werden, die sie direkt an die gewünschten Zellen oder Gewebe an- docken lässt. Durch die Verpackung wird verhindert, dass toxische Wirkstof- fe, wie Chemotherapeutika, gesundes Gewebe schädigen und Nebenwirkun- gen verursachen. Letzteres funktioniert im Zellmodell bereits sehr gut, im Men- schen aber oftmals nur bedingt. Woran liegt das? Ich denke, dass wir einfach noch zu we- nig darüber wissen. Wir benötigen eine valide Systematik, welche Polymere, mit welcher Kettenlänge, mit welchen Verzweigungen für welche Anwendung am besten geeignet sind. Wir müssen systematisch erfassen, wie Form, Grö- ße, Ladung, Liganden der Partikel ihre Eigenschaften bestimmen. Dann könn- te man eine Art Baukastensystem ent- wickeln, aus dem sich optimale Partikel je nach Anwendung zusammensetzen lassen. Daran arbeiten wir derzeit inten- siv im Rahmen des Sonderforschungs- bereichs »Polytarget«. Was das gezielte Targeting vonNanopar- tikeln – also der gezielte Transport zum Zielgewebe und die Überwindung von biologischen Barrieren – im Menschen angeht, das bleibt immer noch eine Herausforderung. Vermutlich weil das System Mensch sehr komplex ist. Wir sehen beispielsweise, dass Nanoparti- kel, sobald sie in die Blutbahn appliziert werden, vom Körper verändert werden. Sie werden mit einer dichten Hülle von Proteinen versehen, die die Eigenschaf- ten der Partikel völlig verändern kann. Außerdem spielen der Blutfluss und die Blutgefäße eine Rolle: Der Mensch ist ein recht großer Organismus, Nanopar- tikel müssen – gemessen an ihrer Grö- ße – extreme Entfernungen überwinden und das unter Fliessbedingungen, da kann unterwegs viel schief gehen. Wie lassen sich diese Herausforderun- gen meistern? Nur durch verstärkte Grundlagenfor- schung und bessere Modelle. Es reicht eben nicht aus, sich die Effekte von Nanowirkstoffen im Zellkulturmodell anzuschauen. Wir brauchen Modelle, mit denen sich das Verhalten von Nano- materialien auch nach der Veränderung Barrierefrei zum Zielgewebe Nano ist nicht gleich Nano. Welche Nanomaterialien am besten ge- eignet sind, ihr Ziel im Organismus zu erreichen, wie sich die Partikel im Blutstrom des Körpers verhalten und warum es bislang so schwie- rig ist, sie im menschlichen Organismus einzusetzen, darüber spricht Pharmazeutin Prof. Dr. Dagmar Fischer im Interview. Dagmar Fischer hat die Professur für Phramazeuti- sche Technologie und Biopharmazie inne. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören die Entwicklung und Anwendung von Nanopartikeln, die Wirkstoffe kontrolliert freisetzen können. INTERVIEW: UTE SCHÖNFELDER
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