Lichtgedanken 05

S C HW E R P U N K T 19 05 | LICHT GEDANKEN Wie sehen Nanopartikel für einen Einsatz als Arzneimittel-Träger idealerweise aus? Die Partikel sollten möglichst viel von der Wirksubstanz ein- schließen können. Ihre Oberfläche sollte so funktionalisiert sein, dass der Inhalt zielgerichtet dort ankommt, wo er wirken soll und genau dort muss sich der Wirkstoff aus den Nanopar- tikeln freisetzen lassen. Die übrigbleibenden Bestandteile der Partikel müssen zudem biokompatibel sein, das heißt verträg- lich für den Organismus. Das sind ziemlich viele Anforderungen. Und es wird noch komplizierter: Denn die chemische Vielfalt an Wirkstoffen, die mittels Nanopartikel in den Organismus gebracht werden, ist groß und entsprechend vielfältig müssen die Polymere sein, aus denen die Partikel bestehen. Warum? Nur wenn Wirkstoff und Polymer in ihren chemischen Eigen- schaften und ihrer Struktur optimal zusammenpassen, lassen sich Arzneistoffe sicher »verpacken« und in hoher Konzentra- tion verabreichen. Das heißt also, Sie müssen optimale chemische Partnerschaften vermitteln? Genau. Die kann ich durch Ausprobieren – nach dem Prinzip »Trial and Error« – herausfinden. Ich kann experimentell aus- probieren, welches Polymer zu welchem Wirkstoff passt. Das ist allerdings nicht sehr effizient. Deshalb schlagen Sie einen anderen Weg ein? Ja, denn chemische Synthesen dauern oftmals sehr lange, ge- rade wenn es sich um neuartige Polymere handelt. Es kann sein, dass ein Doktorand an einem bestimmten Polymer schon mal ein Jahr »kocht«. Und wenn sich anschließend vielleicht herausstellt, dass das Resultat doch nicht die erwünschte Passgenauigkeit zum Wirkstoff hat, dann ist viel Zeit vergan- gen, ohne dass man zu einem konkreten Ergebnis gekommen ist. Indem wir die Bildung von Nanopartikeln im Computer simulieren, können wir das Verfahren wesentlich beschleuni- gen und systematisieren. Welche Kriterien sind für das »Matching« zwischen Wirkstoff und Polymer denn ausschlaggebend? Unser Ziel ist es, ein Maximum an Wirkstoffaufnahmekapa- zität und Freisetzungseffizienz aus den Polymer-Partikeln zu erreichen. In unseren Simulationen geht es darum, diese Eigenschaften für bestimmte Polymere vorherzusagen. Dazu wollen wir die Polymerstruktur systematisch variieren und die Kompatibilität mit ausgewählten Wirkstoffen ermitteln – und das alles im Computermodell. Ausgehend von einer Polymer-Grundstruktur aus Polyketalen und Polyesterami- den werden wir die Auswirkungen chemischer Modifizie- rungen an dieser Grundstruktur auf die Aufnahmekapazität für konkrete Wirkstoffe simulieren. Konkret geht es etwa um Veränderungen der Hydrophobizität der Polymere, also ihres Verhaltens gegenüber Lösungsmitteln wie Wasser. Um welche Wirkstoffe handelt es sich dabei? Wir nutzen einerseits Modell-Substanzen, beispielsweise Farbstoffe, um unser Verfahren zu prüfen und zu optimieren. Andererseits kommen auch echte Wirkstoffe zum Einsatz, die in anderen Teilprojekten des Sonderforschungsbereichs »PolyTarget« untersucht werden. So wollen wir unter ande- rem passende Polymere für die Substanz »Ex527« finden. Dieser Wirkstoff wird derzeit als mögliches Medikament zur Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen untersucht. Wie gelangen ihre Erkenntnisse anschließend in die Praxis? Wir arbeiten von Beginn an mit einem großen Team an Synthesechemikern zusammen. Die Ergebnisse unserer Si- mulationen können wir also direkt experimentell überprü- fen. Letztendlich gelangen wir nur zum Ziel, wenn Simulati- on und Synthese Hand in Hand gehen. Das »Labor« von Prof. Dr. Marek Sierka (l.) und Doktorand Andreas Erlebach ist ein PC – er- gänzt durch ein Arsenal an Großrechnern, die in einem Serverraum im Jentower untergebracht sind.

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