Lichtgedanken 04

Rubrik 49 04 | LICHT GEDANKEN Kontakt Dr. Konrad Lehmann Institut für Zoologie und Evolutionsforschung Erbertstraße 1, 07743 Jena Telefon: +49 36 41 9-49 131 E-Mail: konrad.lehmann@uni-jena.de www.bpf.uni-jena.de Bibliografische Angaben: Das schöpferische Gehirn. Auf der Suche nach der Kreativität – eine Fahndung in sie- ben Tagen, Springer-Verlag, Berlin 2018 ISBN 8-3-662-54661-1 auch Neurowissenschaftler seit einigen Jahren intensiv daran forschen, wie Kreativität im Gehirn entsteht. Dieses Wissen zu sortieren und fundiert auf- zubereiten, dabei aber hoffentlich auch unterhaltsam und gut verständlich zu schreiben, hat mir viel Freude gemacht. Und intrinsische Motivation – das kann man im dritten Kapitel lesen – ist ja eine Voraussetzung für Kreativität.« Rahmenhandlung und der lockere Ton des Buches erleichtern den Zugang zu wissenschaftlichen Fakten und Ergeb- nissen aktueller Forschung. Der erfah- rene Hirnforscher lädt zur Spurensu- che im Nervensystem ein und führt so Schritt für Schritt immer tiefer in die Materie ein. Unterwegs geht er etwa der Frage nach, warum kreative Einfälle oft- mals plötzlich und im Moment überra- schend auftreten. Kreativität kommt nicht aus dem Nichts – Gute Ideen brauchen Zeit Auch wenn eine Idee augenscheinlich aus dem Nichts erscheint, so liegt ihr doch ein aufwendiger Prozess zugrun- de. Der englische Psychologe Graham Wallas hat diesen in den 1920er Jah- ren in fünf Phasen eingeteilt, die auch Lehmann aufgreift: Am Anfang steht dabei die Vorbereitung durch Lernen und das Sammeln von Informationen. Dem schließt sich eine Phase an, in der augenscheinlich erst einmal gar nichts passiert. Doch in dieser Inkubationszeit arbeitet es im Gehirn. Vorahnungen, der Lösung eines Problems nahe zu sein, be- schleichen schließlich die Person – und dann ist sie da, die Erleuchtung. Nach eingängiger Überprüfung stellt sich die Bestätigung ein, dass man ein gutes Er- gebnis gefunden hat. Besonders die Inkubationsphase inter- essiert Neurologen, ist sie doch für den Überraschungseffekt des Geistesblitzes verantwortlich. Schließlich erwischt uns ein Ausbruch an Kreativität oft dann, wenn wir gerade nicht im Denkmodus verharren. Und genau das könnte der Grund für die kreativen Eingebungen sein, wie Lehmann anschaulich beschreibt. So hat sich etwa der Hirnforscher Marcus Raichle als erster intensiv mit Area- len im Hirn beschäftigt, die aktiv sind, wenn der Mensch nichts tut. »Es gibt eine begrenzte Menge von Regionen, die immer dann in Schweigen verfallen, wenn Aufmerksamkeit gefordert ist«, erklärt Konrad Lehmann. »Im Umkehr- schluss bedeutet das: Diese Gebiete sind immer dann aktiv, wenn gerade keine Aufmerksamkeit gefordert ist.« Gera- de dieses Netzwerk von Hirnarealen, das verantwortlich ist für die Innenan- sicht und »ein stabiles, kontinuierliches Selbst«, lässt Freiraum für kreative Leis- tungen. Auf solchen Ausflügen in unseren Kopf veranschaulicht Lehmann die verschie- denen Prozesse, die unseren Einfalls- reichtum garantieren. Auch die Fragen nach Talent und genetischer Veranla- gung greift er auf und liefert Antwor- ten. Und ganz nebenbei entsteht so eine bunte Mischung aus Kulturgeschichte und moderner Hirnforschung. Neurowissenschaftler Dr. Konrad Lehmann folgt den Spuren der Kreativität im Gehirn und wird dabei selbst als Autor kreativ. Bild links: Im Kreativitätsnetzwerk im menschlichen Gehirn herrscht immer dann Betriebsamkeit, wenn das abstrakte Denken Pause macht.

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