Lichtgedanken 04
S C HW E R P U N K T 38 nehme ich mir vor. Doch schon geht es weiter: Nach einer kurzen Testaufnah- me wird unser Doppelstern auf den Glasfaser-Eingang des Spektrografen justiert, Mugrauer passt den Stern dazu per Pfeiltasten in ein Fadenkreuz auf seinem Monitor ein. Ein weiterer Klick und die Aufnahme des ersten Spek- trums läuft. Während der Messung können wir den Stern flackernd und funkelnd in seinem Fadenkreuz beobachten. Doch halt, war nicht von einem Doppelstern die Rede? »Es handelt sich tatsächlich um mindestens zwei Sterne, die umeinan- der kreisen«, bestätigt Mugrauer, »die allerdings so dicht beieinander stehen, dass man sie von der Erde aus nur als einen Stern sieht.« Ziel der aktuellen Be- obachtung sei es, die Umlaufparameter der beiden Himmelskörper sehr genau zu bestimmen. Wie schnell, wie exzen- trisch, mit welcher Periode kreisen sie umeinander – all das lasse sich aus den spektralen Daten ermitteln. Im Laufe der Nacht werden Susanne Hoffmann und Markus Mugrauer noch etwa ein Dutzend weiterer solcher Objekte ins Visier nehmen. Beobachter arbeiten in Zweierteams für sich und die Kollegen Dabei folgen die Beobachter einem ge- nauen Prozedere: Sämtliche aktuellen Forschungsprojekte sind im Beobach- tungshandbuch, einem dicken Akten- ordner, zusammengefasst. »Wir arbei- ten im Servicemodus«, sagt Susanne Hoffmann. Das heißt, in jeder Beobach- tungsnacht nimmt das Team vor Ort für sämtliche laufenden Projekte Bilder und Spektren auf. »Da sich die Beobach- ter abwechseln, ist jeder einmal an der Reihe, für sich und die Kollegen Daten aufzunehmen.« Aktuell sind etwa zehn Mitarbeiter und Studierende als wech- selnde Beobachter im Einsatz, wobei immer zwei Personen pro Nacht die Sternwarte besetzen. Eines der umfangreichsten aktuellen Projekte ist YETI, das die Jenaer Astro- physiker in Kooperation mit Partnern rund um die Erde betreiben. YETI steht für »Young Exoplanet Transit Initiati- ve« und sucht nach jungen Planeten in jungen offenen Sternhaufen. Die in Be- tracht kommenden Sterne werden über mehrere Wochen hinweg kontinuierlich beobachtet und ihre Helligkeit genau gemessen. Umkreist ein Planet einen Stern, kann er diesen, von der Erde aus gesehen bedecken, wobei sich die Hel- ligkeit des Sterns vermindert. Mit dieser Transit-Methode sind in- zwischen Tausende Planeten gefunden worden, allerdings vor allem aber bei alten Sternen. Die Jenaer Astrophysiker suchen mit ihren Partnern in YETI je- doch nach jungen Planeten. Wobei jung in diesem Fall bedeutet: weniger als 10 Millionen Jahre alt. An ihnen lassen sich die heutigen Modelle der Planetenent- stehung und -entwicklung überprüfen. Während wir uns unterhalten, sind bereits mehrere Doppelsterne spektro- skopiert worden. Dann – gut zwei Stun- den nach Beginn – sind die Bedingun- gen erfüllt, das Teleskop auf ein ganz besonderes Objekt auszurichten. Am Himmel über Großschwabhausen steht OJ287. Markus Mugrauer macht eine Übersichtsaufnahme: Dutzende Licht- punkte zeichnen sich darauf ab, unter- schiedlich hell, unterschiedlich groß. Einer der zunächst unscheinbarsten ist unser Objekt. OJ287 – ein Quasar, ein quasi stellares Objekt, ist also gar kein Stern. »Es handelt sich dabei um den hell leuchtenden Kernbereich einer Ga- laxie mit einem der massivsten Schwar- zen Löcher, das wir kennen.« Mit 18 Milliarden Sonnenmassen ist es mehr als 4000 Mal massereicher als das schon enorm große Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße. Eine gi- gantische Akkretionsscheibe – eine ro- Letzte Handgriffe vor dem Start der Beobachtung: Dr. Markus Mugrauer prüft das kleine Cassegrain- Teleskop, das seitlich neben dem großen 90-Zenti- meter-Spiegel montiert ist. Rechts unten ist zudem das Linsenfernrohr (Refraktor) zu sehen.
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