Lichtgedanken 04
S C HW E R P U N K T 28 Die erfolgreiche Zusammenarbeit von Wissenschaft und Industrie prägt nicht nur im 21. Jahrhundert den Weltruf der Lichtstadt Jena – sie hat ihn auch be- gründet. Beispielgebend stehen für die optische Forschung und Industrie in Jena zwei Namen: Carl Zeiß und Ernst Abbe. Ersterer, 1816 in Weimar geboren, eröffnete am 17. November 1846 eine eigene Werkstatt für Feinmechanik und Optik, nachdem er zuvor in Jena beim Hofmechanikus Friedrich Körner ge- lernt und an der hiesigen Universität ei- nige Vorlesungen besucht hatte. Schnell nahm er auch Mikroskope in seine An- gebotspalette auf. Motiviert hatte ihn dazu der Jenaer Botaniker Matthias Jacob Schleiden. Schleiden wies zum ersten Mal nach, dass Pflanzenteile aus Zellen bestehen, begründete die Zellbio- logie mit und unterstrich dadurch die Dringlichkeit, bessere Mikroskope für die Wissenschaft zu entwickeln. Zeiß‘ Instrumente erfuhren schnell große Nachfrage – auch über die Grenzen des Sie konnten den Herstellungsprozess durch spezialisierte Arbeitsteilung ef- fizienter gestalten. Anschließend ent- wickelte der Wissenschaftler Prüfme- thoden und Messgeräte, die ihm bei der Berechnung der Optiken helfen sollten. Stetige Forschung führte schließlich zu einer Theorie der Bildentstehung imMi- kroskop, die Abbe und Zeiß gemeinsam in der Praxis umsetzten. Forscher und Geschäftsmann revolutionierten so die Herstellung von Mikroskopen, begrün- deten den Weltruf ihres Unternehmens – Abbe war inzwischen zum Teilhaber geworden – und etablierten die optische Forschung an der Jenaer Universität. Einen Anteil am Erfolg hatte auch der Glasfabrikant Otto Schott. Der aus dem Ruhrgebiet stammende Chemiker, der an der Universität Jena promoviert wur- de, eröffnete 1884 ein glastechnisches Labor in Jena, das für das Unternehmen Carl Zeiss moderne und qualitätsvolle optische Gläser entwickelte und später auch produzierte. Die drei Pioniere legten mit ihrer Ar- beit nicht nur den Grundstein für die optische Forschung, wie sie seit Ende des 19. Jahrhunderts in Jena gepflegt wird. Die neuen Möglichkeiten in der Mikroskopie eröffneten auch anderen Disziplinen neue Welten, beispielsweise der Biologie, wie Schleiden es angeregt hatte. So schätzten die Naturforscher Charles Darwin und Ernst Haeckel die Instru- mente aus dem Hause Zeiss. Zudem bereitete die Kooperation den Boden für immer wieder neue Innovationen. Bei- spielsweise entwickelten August Köhler und Henry Siedentopf – beide Mitarbei- ter der Firma Zeiss und Professoren an der Universität Jena – das Fluoreszenz- mikroskop, wodurch sie die Basis für neue Erkenntnisse und Methoden im Bereich der Biochemie und der medizi- nischen Diagnostik schufen. Jenas Weg zur Lichtstadt TEXT: SEBASTIAN HOLLSTEIN Großherzogtums Sachsen-Weimar-Ei- senach hinaus. Mit den Geschäftsbe- ziehungen wuchs sowohl das Unter- nehmen als auch der Anspruch an die Geräte. Zeiß wollte nicht mehr durch Probieren die richtige Kombination von Linsen für eine Mikroskop-Optik her- ausfinden (pröbeln), sondern durch Be- rechnungen. Bei der Umsetzung dieser Idee unterstützte ihn ein 24 Jahre jünge- rer Physiker: Ernst Abbe. Herstellung von Mikroskopen revolu tioniert – optische Forschung etabliert Der gebürtige Eisenacher hatte unter anderem an der Universität Jena Phy- sik, Astronomie und Philosophie stu- diert, dort schließlich habilitiert und ab 1863 als Privatdozent gelehrt. 1870 bekam er eine Professur. Vier Jahre zu- vor hatten Zeiß und Abbe ihre Zusam- menarbeit beschlossen und innerhalb weniger Jahre erste Erfolge verbucht: Die Tür zum Mikrokosmos aufgestoßen, hat die Entwicklung der Mikro- skopie. Wissenschaftler nahezu sämtlicher naturwissenschaftlicher Dis- ziplinen nutzen heute eine Vielzahl mikroskopischer Methoden. Wichtige Grundlagen dafür sind in Jena gelegt worden. Carl Zeiß, Ernst Abbe und Otto Schott gelten bis heute als Pioniere der Mikroskopie. Ernst-Abbe-Denkmal am Fürstengraben in Jena mit der Formel für die Auflösungsgrenze eines Lichtmikroskops.
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