Lichtgedanken 04
S C HW E R P U N K T 22 Michael Müller ist 27 Jahre alt, Dok- torand am Institut für Angewand- te Physik – und hält momentan den Weltrekord für den leistungsstärksten Ultrakurzpulsfaserlaser. In der Arbeits- gruppe „Fiber and Waveguide Lasers“ (Faser- und Wellenleiterlaser) von Prof. Dr. Jens Limpert beschäftigt sich der junge Physiker seit drei Jahren mit der Erzeugung kurzer Laserpulse. Grund abzuheben ist das für Müller nicht: »Es gibt eine große Zahl For- schungsgruppen, die sich mit der Ent- wicklung von Hochleistungslasern be- schäftigen, doch wir verfolgen aktuell das erfolgreichste Konzept zur Leis- tungsskalierung«, begründet er. Rekorde sind an der wissenschaftlichen Tagesordnung Deswegen wird er es nach eigener Aus- sage wohl selbst sein, der den Weltre- kord bricht: »Vielleicht in ein, zwei Jah- ren, wenn meine Kollegen und ich das nächste Lasersystem entwickelt haben.« Was ihm der Rekord bedeutet? Auch da ist der gebürtige Heiligenstädter, der bereits sein Bachelor- und Mas- terstudium an der Uni Jena absolviert hat, abgeklärt: »In einem sich so rasant entwickelnden Feld wie der Laserfor- schung stellen Wissenschaftler ständig die alten Ergebnisse in den Schatten. Da gibt es öfter mal Weltrekorde«, grinst er. Im Experiment ist es dem Nachwuchs- wissenschaftler und seinen Kollegen gelungen, einzelne Laserstrahlen durch Ausnutzung der Welleneigenschaf- ten des Lichts zu überlagern. Dadurch konnte er Lichtpulse mit nur 220 Fem- tosekunden (10 -15 Sekunden) Dauer bei einer Durchschnittsleistung von 1,9 kW erzeugen und das bei bestmöglicher Qualität des Laserstrahls – eine noch nicht da gewesene Kombination. Um so viel Lichtleistung in so kurzen Pulsen zu generieren, streckte er ein klassisches Faserlaserexperiment und verwendete mehrere Glasfasern, 16 an der Zahl. Denn eine optische Faser al- lein ist zu klein für so viel Energie, sie geht durch nichtlineare Effekte entwe- der kaputt oder der Puls wird zu lang. Dank der Kombination der 16 Laser- strahlen sind jedoch »ultrakurze Pulse in einem sehr schönen Laserstrahl« ent- standen. »Die technische Umsetzung, um nicht- lineare und thermische Störeffekte zu umgehen, ist weit schwieriger als die Physik dahinter«, berichtet Müller, »da steckt der Teufel im Detail.« Das nächste Limit: »Bei noch höheren Leistungen ist der Laserstrahl in der Luft nicht mehr zu propagieren, dann können anschlie- ßende Versuche nur im Vakuum statt- finden.« Was so theoretisch und weit entfernt von der Lebenswelt klingt, ist durchaus nah an der Realität. Bei der Erzeugung von kohärenter Röntgenstrahlung, der Mikroskopie winzig kleiner Strukturen und der Inspektion von Computerchips spielen ultrakurze Laserpulse eine gro- ße Rolle. Sicher nicht zuletzt aufgrund dieser Relevanz seiner Ergebnisse ge- wann der Jenaer Doktorand im Februar auf der internationalen Optik- und Pho- tonikmesse »SPIE.Photonics West« in San Francisco einen Best Student Paper Award. Bei der Sub-Konferenz »Fiber Lasers XV: Technology and Systems« belegte er mit seiner Forschungsarbeit den zweiten Platz. Schaulaufen der Laserkonstrukteure: Wer hat den besten? Zu großen Konferenzen zu fahren, ge- hört für den Physiker nicht nur zum Wissenschaftsbetrieb, sondern auch zu den Höhepunkten desselben. Ein- bis zweimal im Jahr packt er darum seinen Koffer und fährt auf eine Messe – ange- fangen bei San Francisco in den USA, über Wien und München bis hin zu Na- goya in Japan. Das Ganze gleiche einem großen Schaulaufen: »Alle zeigen, was sie haben. Die große Frage ist, wer hat den besten Laser?« Vorträge vor bis zu 100 etablierten Wis- senschaftlern zu halten, findet er zwar immer noch aufregend, doch, wie so vieles, ist das Gewöhnungssache. Im- merhin ist die Möglichkeit, das eigene Thema zu präsentieren, die Vorausset- zung für einen Preis und Wahrnehmung in der Wissenschaftswelt. Überhaupt sei Nachwuchsphysiker Michael Müller hat im vergangenen Jahr den weltweit leistungsstärksten Ultrakurzpulsfaserlaser gebaut – und belegte im Februar mit der Vorstellung dieser Forschungsergebnisse auf der Konferenz »Fiber Lasers XV: Technology and Systems« in den USA den zweiten Platz bei den Best Student Paper Awards. Wer sei- nen Rekord brechen könnte? »Momentan wohl nur ich selbst«, glaubt der Doktorand am Institut für Angewandte Physik. Weltrekord mit Kurzpulslaser TEXT: JULIANE DÖLITZSCH
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