Lichtgedanken 04
S C HW E R P U N K T 21 04 | LICHT GEDANKEN Kontakt Jun.-Prof. Dr. Birgitta Bernhardt Institut für Angewandte Physik Albert-Einstein-Straße 6, 07745 Jena Telefon: +49 36 41 9-47 818 E-Mail: Birgitta.Bernhardt@uni-jena.de www.iap.uni-jena.de Original-Publikation Ultrafast Quantum Control of Ionization Dy- namics in Krypton. Nature Communications (2018), DOI: 10.1038/s41467-018-03122-1 Molekülen herausgerissen werden, kön- nen extrem schnell ablaufen. Sie dauern nur wenige Femto- oder Attosekunden (Trillionstel-Sekunden). Das ist eine so unvorstellbar kurze Zeitspanne, dass sie Physiker oft mit einem eindrucksvollen Vergleich umschreiben: Eine Attosekun- de verhält sich zu einer Sekunde wie die Sekunde zum Alter des Universums – und das ist fast vierzehn Milliarden Jahre alt. Molekülkino im Laserlabor: Aus 300 Femtosekunden werden 35 Minuten Einem Wissenschaftlerteam um die 37-jährige Physikerin vom Institut für Angewandte Physik und Kollegen von der Technischen Universität München ist es nun erstmals gelungen, ultra- schnelle Ionisierungsprozesse in zuvor nicht möglichem Detailreichtum sicht- bar zu machen. Wie sie im renommier- ten Fachmagazin Nature Communicati- ons schreiben, nutzen die Forscher dazu die sogenannte Pump-Probe-Spektros kopie und das gleich in doppelter Aus- führung. Bei dieser Methode wird die se Kontrolle ist ein sehr starkes Instru- ment«, erklärt Bernhardt. »Wenn wir schnelle Ionisierungsprozesse genau nachvollziehen und sogar beeinflussen können, lernen wir viel Neues über lichtgesteuerte Prozesse wie die Foto- synthese – gerade über jene ersten Mo- mente, die diese komplexe Maschinerie in Gang setzen und die bislang kaum verstanden sind.« Silizium kontrolliert ionisieren zu kön- nen, verspricht bessere Computerchips Auch für die Entwicklung neuer, schnel- lerer Computerchips, in denen die Ioni- sierung von Silizium eine wesentliche Rolle spielt, ist die von Bernhardt und ihren Kollegen entwickelte Technik in- teressant. Kann man Ionisierungszu- stände von Silizium innerhalb eines so kurzen Zeitfensters nicht nur abfragen, sondern auch kontrolliert setzen – wie es die ersten Experimente am Krypton nahelegen – könnten Wissenschaft- ler dies vielleicht einmal nutzen, um neuartige und noch schnellere Compu- tertechnologien zu entwickeln. Probe, in diesem Fall das Edelgas Kryp- ton, von einem ultrakurzen Laserpuls angeregt und damit die Ionisierung in Gang gesetzt. Ein zweiter, zeitversetzter Laserpuls fragt dann den Zustand des Prozesses ab. »Wir messen so die Änderung der Ab- sorption und die Ionenerzeugung im Edelgas in Abhängigkeit der Zeitverzö- gerungen dieser zwei Pulse«, erläutert Birgitta Bernhardt. Durch Wiederholun- gen der Messung mit unterschiedlichen Zeitverzögerungen ergeben sich viele einzelne Momentaufnahmen, die zu ei- nem Video zusammengesetzt werden. Aus über 70 solcher Schnappschüsse hat das Forscherteam eine Videosequenz von rund 35 Minuten Länge erstellt, die in Echtzeit gerade einmal 300 Femtose- kunden dauert. Mit der Kombination der beiden Mess techniken können die Wissenschaftle- rinnen und Wissenschaftler nun nicht nur ultraschnelle Ionisierungsprozesse aufzeichnen. Durch die Variation der Intensität des zweiten, abfragenden Laserpulses können sie auch die Ioni- sierungsdynamik gezielt kontrollieren und auf diese Weise beeinflussen. »Die- Bild links zeigt eine der drei Vakuumkammern an der TU München, in der die isolierten Atto- sekunden-Lichtblitze erzeugt werden. Bild rechts: Junior-Professorin Dr. Birgitta Bernhardt in ihrem Jenaer Labor am Institut für Angewandte Physik.
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