Lichtgedanken 04
S C HW E R P U N K T 13 04 | LICHT GEDANKEN Licht ist das, was wir sehen: ein klei- ner Ausschnitt aus dem Spektrum elektromagnetischer Strahlung, für die der menschliche Körper im Laufe der Evolution zwei Detektoren, die Augen, entwickelt hat. Neben der energierei- cheren Strahlung im ultravioletten, Röntgen- und Gammabereich sowie der energieärmeren Infrarot-, Mikrowellen- und Radiowellenstrahlung macht der Bereich des sichtbaren Lichts nur ei- nen Bruchteil des elektromagnetischen Strahlungsspektrums aus. Elektromagnetische Strahlung besteht aus Wellen. Experimentell lässt sich der Wellencharakter des Lichts an einem Doppelspalt zeigen: Wird ein Licht strahl durch eine Blende in zwei geteilt, ergeben sich nicht einfach zwei neue Strahlen, sondern gleich mehrere in un- terschiedlicher Helligkeit. Der Grund dafür liegt in derWellennatur des Lichts. Dort, wo sich Wellenberg und Wellental der beiden resultierenden Strahlen aus- löschen, bleibt es dunkel. Wo zwei Wel- lenberge einander verstärken, ist es hell. Der Abstand zwischen zwei benach- barten Wellenbergen oder Wellentälern ist die Wellenlänge, die zur Einteilung der elektromagnetischen Strahlung ge- nutzt wird. Das sichtbare Licht hat eine Wellenlänge zwischen etwa 380 Nano- metern (violettes Licht) und 780 Nano- metern (rotes Licht). Warum Menschen gerade diesen Teil des riesigen Spek- trums elektromagnetischer Strahlung wahrnehmen ist einfach zu erklären: Es ist genau der Frequenzbereich, in dem die Sonne am intensivsten elektroma- gnetische Strahlung abgibt. Licht lässt sich jedoch nicht allein als klassische Welle beschreiben. Schon Isa- ac Newton vertrat im 17. Jahrhundert die Ansicht, dass Licht aus winzigen Teilchen besteht. Albert Einstein hat dann zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Photoelektrischen Effekt erklärt: Die Energie des Lichts, ebenso wie die der übrigen elektromagnetischen Strah- lung, liegt quantisiert vor, also in winzi- gen Portionen, den Photonen. Licht ist folglich beides, Welle und Teilchen. Im Gegensatz zu anderen Materie- bausteinen, wie Elektronen oder Pro- tonen, haben Lichtteilchen keinerlei Masse. Im Vakuum bewegen sie sich mit fast 300000 Kilometern pro Sekunde fort – der Maximalgeschwindigkeit im Universum. Licht ist Energie, Werkzeug, Information Etwa 1300 Joule je Sekunde strahlt die Sonne im Schnitt pro Quadratmeter auf die Erde. Das Sonnenlicht ist die zuver- lässigste und größte Energiequelle, die wir haben – sie nutzbar zu machen und zu speichern eine der Herausforderun- gen der wachsenden Menschheit. For- scher des Center for Energy and Envi- ronmental Chemistry Jena arbeiten an umweltfreundlichen Solarzellen und Batterien, um die Energie des Sonnen- lichts für Anwendungen verfügbar zu machen (S. 16 in dieser Ausgabe). Licht ist zugleich die Grundlage allen Lebens. Pflanzen, Algen und einige Bakterien nutzen das Sonnenlicht für die Fotosynthese, um aus Kohlendioxid und Wasser energiereiche organische Verbindungen wie Zucker zu produ- zieren. Ganz nebenbei entsteht so der lebenswichtige Sauerstoff. Das Licht der Sonne nutzen Lebewesen, von der ein- zelligen Grünalge bis zum Menschen, um ihre innere Uhr zu synchronisie- ren. Wie dieser Taktgeber funktioniert, das entschlüsseln Botaniker des Mat- thias-Schleiden-Instituts der Uni Jena (S. 18). Licht wird von jeher als Werkzeug ge- nutzt. Heute sind es vor allem Laser, die als Präzisionsinstrumente vielfälti- ge Anwendung finden. Jenaer Physiker nutzen insbesondere gepulstes Laser- licht, das in schier unvorstellbar kurzen Blitzen enorme Energien freisetzt. Mit Laserpulsen von wenigen Attosekun- den (Trillionstel Sekunden) lassen sich ultraschnelle chemische Prozesse abbil- den und entschlüsseln (S. 20). Nur wenig länger, im Femtosekunden- bereich, sind die Pulse, die Physiker einsetzen, um Luft zum Leuchten zu bringen und so dreidimensionale Ob- jekte in den freien Raum zu zeichnen (S. 24). Laserstrahlen kommen ebenfalls zum Einsatz, um antike Tontafeln zu di- gitalisieren und die jahrtausendealten Keilschriften aus dem Zweistromland zeitgemäß der Öffentlichkeit zu präsen- tieren (S. 26). Licht ist Information. Die elektromag netische Strahlung aus dem All, die wir auf der Erde detektieren, kann uns In- formationen über ferne Sterne und Ga- laxien liefern. Astrophysiker schauen von der Universitäts-Sternwarte hinaus in die Tiefen des Universums und ana- lysieren Sternenlicht (S. 34) und Ster- nenstaub (S. 40). Dabei erhellt Licht nicht nur den Makro- kosmos. Licht gewährt auch Einblicke in den Mikrokosmos: Ob lebende Zelle oder Nanopartikel, Meteoritengestein oder Polymerschicht – mit unterschied- lichsten mikroskopischen Verfahren werden winzige Details zu faszinieren- den Bildern, wie die Fotogalerie in die- sem Heft zeigt (S. 30). Quellen der Erleuchtung Wissenschaft bringt »Licht ins Dunkel«. Dem Forschenden »geht ein Licht auf« oder eine Idee »leuchtet ein«. Die Reihe der Licht-Metaphern in der Wissenschaft ließe sich leicht weiterführen, nicht zuletzt bis zum Titel des vorliegenden Forschungsmagazins. Denn auch die LICHT GEDANKEN stehen für erhellende Einfälle, aufgeklärten Geist und Erkenntnis. Doch Licht ist nicht nur Sinnbild. Licht in all seinen Facetten ist einer der Forschungsschwerpunkte der Friedrich-Schiller-Universität, der Physiker, Materialwissenschaftler, Chemiker, Biologen, Mediziner und Informatiker vereint und sich nicht nur auf physikalische Phänomene beschränkt. TEXT: UTE SCHÖNFELDER
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