Lichtgedanken 03

Rubrik 63 03 | LICHT GEDANKEN Auswahl hat ihren Preis Wirtschaftswissenschaftler zeigt irrationale Mana- gerentscheidungen bei Produktinnovationen auf Benachteiligung ist Teil unseres Alltags: Frauen haben es in Männerdomänen schwer, Ausländer müssen oft mit Vorurteilen kämpfen und Ostdeutsche sind nicht in Füh- rungspositionen anzutreffen – dies sind Tatsachen, die wissenschaftlich untersucht und belegt sind. Wirtschafts- forscher Ronny Reinhardt (Foto oben) hat nun eine weitere diskriminierte Gruppe entdeckt: neue günstige Produkte. Manager und Entscheider in Unternehmen würden jene vermeiden und bevorzugt auf teurere Produktinnovatio- nen setzen. Dies belegen Reinhardt und seine Co-Auto- ren aus der Schweiz und den USA in ihrem Aufsatz »The High-end Bias – Investigating the Irrational Preference for High-end over Low-end Innovations«. In der aktuellen Studie haben die Forscher herausgefun- den, dass Manager bei Innovationsprojekten in rund 80 Prozent der Fälle Produkten den Vorzug geben, die im hochpreisigen Segment angesiedelt sind: »Bei gleichem In- vestment und gleicher Rendite für das Unternehmen wäh- len Entscheider eher teure Produkte, um sie in den Markt einzuführen.« Sie präferieren damit die Produktoberklasse – und haben lieber weniger Kunden mit mehr Geld als vie- le Kunden mit wenig Geld. »Günstige Innovationen leh- nen sie tendenziell ab«, schildert Reinhardt. Die Studie lie- fert Indizien für mögliche Gründe: Teurere Produkte sind positiv konnotiert, spiegeln Hochwertigkeit und einen ge- wissen Status wider – der offenbar auch den Managern der Herstellerfirmen wichtig ist. »Diese Gefühle beeinflussen Investitionsentscheidungen, obwohl sie dort nicht hinge- hören. Letztlich bedeutet das weniger neue Produkte für den kleinen Geldbeutel«, unterstreicht Ronny Reinhardt. Die Wirtschaftswissenschaftler erhoben die Daten in ex- perimentellen Befragungen sowie in zwei Reaktionstests, in denen Assoziationen der insgesamt rund 500 Teilneh- mer aus Klein- und Großunternehmen verschiedenster Branchen erfasst wurden. Die Untersuchung eines Da- tensatzes zu mehr als 2 000 Produkteinführungen in den Vereinigten Staaten demonstriert zudem, wie sich dies in Supermärkten niederschlägt: eine hohe Produktvielfalt im teureren Bereich und wenig Auswahl bei günstigen Le- bensmittelneuheiten – obwohl mit letzteren zwischen 2010 und 2011 mehr als doppelt so viel Umsatz gemacht wur- de.  jd Ticker Getrennte Medizinschränke Warum Entzündungshemmer bei Frauen und Männern unterschiedlich wirken, liegt am Testosteron Männer und Frauen sind unterschiedlich anfällig für be- stimmte Krankheiten: Entzündliche Erkrankungen wie Asthma, Psoriasis oder Rheumatoide Arthritis sind bei Frauen sehr viel häufiger als bei Männern. Pharmazeuten um Prof. Dr. Oliver Werz haben nun gemeinsam mit Fachkollegen aus Italien, Dänemark und Schweden eine wesentliche Ursache für diese Unterschiede auf molekularer Ebene aufgeklärt. In zwei hochrangigen Publikationen in den Magazinen »Jour- nal of Clinical Investigation« und »Scientific Reports« zeigen sie, wie das männliche Sexualhormon Testosteron in die Bio- synthese von Entzündungssubstanzen eingreift und darüber hinaus auch die Wirksamkeit von entzündungshemmenden Medikamenten vermind ert (DOI: 10.1172/JCI92885 un d DOI: 10.1038/s41598-017-03696-8) . Dazu haben die Forscher in unterschiedlichen Tiermodellen, aber auch an Immunzellen aus dem Blut von männlichen und weiblichen Versuchspersonen, Entzündungsprozesse detail- liert analysiert und verglichen. »Wir haben die Bildung von entzündungsfördernden Substanzen, wie Leukotrienen und Prostaglandinen, untersucht und geschaut, ob sich die Wir- kung von Entzündungshemmern in männlichen und weibli- chen Zellen unterscheidet«, erläutert Werz. Erwartungsgemäß war die Wirkung der untersuchten Sub- stanzen in den weiblichen Zellproben deutlich größer als in den männlichen – schließlich ist bei ihnen das Entzündungs- geschehen insgesamt deutlich ausgeprägter. Diese Unterschie- de lassen sich aber durch die Gabe von Testosteron komplett ausgleichen. Dass Testosteron vor Entzündungserkrankungen schützen kann, haben verschiedene Studien – auch des Jena- er Teams um Prof. Werz – bereits früher belegt. »Jetzt konn- ten wir aber den molekularen Wirkmechanismus aufklären und zeigen, dass dies auch die therapeutische Wirkung von Arzneistoffen beeinflusst«, unterstreicht Werz. Damit liefern die Forscher einmal mehr konkrete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer geschlechtsspezifischen Medizin.  US Braucht es spezifische Medikamente für sie und ihn? Pharmazeuten belegen, dass Entzündungen bei Frauen und Männern unterschiedlich behandelt werden müssen.

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