Lichtgedanken 03

Rubrik 60 Prävention gegen Terrorismus Psychologen wollen die Radikalisierung von Jugendlichen verhindern – in Zeiten der Digitalisierung ein immer komplizierter werdendes Unterfan- gen. Der Bund fördert die Entwicklung von Präventivmaßnahmen mit drei Millionen Euro. Wenn es um Terrorismusbekämpfung geht, wird häufig über die Ausstattung der Polizei oder über militärische Ein- sätze gesprochen. Doch will man nach- haltig gegen politisch oder religiös motivierte Straftaten vorgehen, dann muss man vor allem verhindern, dass die Täter sich in jungen Jahren radika- lisieren. Deshalb entwickeln Psycho- logen in den kommenden drei Jahren Präventivmaßnahmen zur Radikalisie- rung von Jugendlichen. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Verbund- projektes »Radikalisierung im digita- len Zeitalter« – kurz RadigZ – arbeiten sie dabei mit sieben weiteren Einrich- tungen in Deutschland zusammen, organisiert vom Kriminologischen For- schungszentrum Niedersachsen e. V. Das Ministerium fördert das Vorhaben mit drei Millionen Euro, 350 000 Euro davon gehen nach Jena. TEXT: SEBASTIAN HOLLSTEIN »Prinzipiell gehen wir davon aus, dass Radikalisierungsprozesse sehr ähn- lich verlaufen, egal ob es sich etwa um Rechtsextremismus oder religiösen Fanatismus handelt«, sagt Prof. Dr. Andreas Beelmann, der das Projekt an der Universität Jena leitet. »Allerdings hat natürlich das Internet in den ver- gangenen Jahren die Situation noch einmal dramatisch verändert.« Wäh- rend Gleichgesinnte früher deutlich mehr Aufwand betreiben mussten, um Kontakt zueinander aufzunehmen, sei das im digitalen Zeitalter wesentlich einfacher und zudem viel schwerer zu kontrollieren. Allerdings muss das nicht gleichzeitig bedeuten, dass sich Jugendliche häufiger radikalisieren. »Nach wie vor ist es eine große Minder- heit einer Generation, bei der sich radi- kales Gedankengut auch in strafbaren Handlungen ausdrückt«, sagt der Jena- er Experte. Gemeinsam mit den Psychologinnen Dr. Sara Jahnke und Clara Neudecker wird er in den kommenden Jahren die internationale und nationale For- schung zur Radikalisierung systema- tisch erfassen und auswerten. »Dabei schauen wir zunächst darauf, welche Entwicklungsfaktoren bei Heranwach- senden mit extremistischen Einstel- lungen und Handlungen korrelieren«, erklärt Beelmann. »Dann nehmen wir die durchgeführten Gegenmaßnah- men unter die Lupe und untersuchen, wie wirksam sie letztendlich waren.« Mit den Ergebnissen dieser Analy- sen wollen die Psychologen neue wir- kungsvolle Präventionsmethoden ent- wickeln, die dann in unterschiedlichen praktischen Kontexten – zum Beispiel Schule, politische Bildung, Ausbildung von Fachkräften – eingesetzt werden können. Beelmann hat sich vor einigen Jahren bereits des Themas Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen ange- nommen. »Dort sind in den letzten 30 Jahren deutliche Fortschritte erzielt worden«, sagt er rückblickend. Auch bei der Radikalisierung von Heran- wachsenden gelte es nun, systematisch die Erkenntnisse über Radikalisie- rungsprozesse in die Gestaltung von Präventionsmaßnahmen einfließen zu lassen. Zudem sieht der Psychologe sozialpolitische Missstände, auf die die Wissenschaftler aufmerksam ma- chen wollen. »So sind etwa Jugendliche ohne Schulabschluss und berufliche Perspektiven eine hoch gefährdete Gruppe, die in der Radikalisierung eine Möglichkeit sehen, sich die Aner- kennung zu verschaffen, die ihnen an anderer Stelle versagt bleibt.« »Zentrum für Rechtsextremismus- forschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration« Durch das Projekt wird auch die Ar- beit des Zentrums für Rechtsextre- mismusforschung der Uni Jena um ei- nen Schwerpunkt erweitert. Das Land Thüringen hat zudem seine Förderung für das Zentrum, das nun aufgrund der neuen Aufgaben und Ziele den Namen »Zentrum für Rechtsextremismusfor- schung, Demokratiebildung und ge- sellschaftliche Integration« trägt, ver- längert und deutlich aufgestockt. Der IS wirbt digital für seine radikalen Ziele.

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