Lichtgedanken 03
S C HW E R P U N K T 44 Beim Augenarzt gehört sie fast schon zum Standardprogramm: die optische Kohärenztomografie. Mit diesem Bild- gebungsverfahren lassen sich durch Infrarotstrahlung die verschiedenen Schichten der Netzhaut durchdringen und dreidimensional genauer untersu- chen, ohne dass das Auge überhaupt be- rührt werden muss. Mediziner können so Erkrankungen wie den Grünen Star ohne Eingriff erkennen. Doch diese Methode hätte noch weitaus größeres Potenzial für die Naturwissen- schaften, wenn man die Wellenlänge der verwendeten Strahlung stärker verkür- zen und somit eine höhere Auflösung des Bildes erhalten könnte. Physikern aus Jena ist genau das gelungen. Über ihre Forschungsergebnisse berichten sie im Fachmagazin »Optica«. Erste XUV-Kohärenztomografie im Labormaßstab Die Physiker verwendeten für das Ver- fahren erstmals im eigenen Labor er- zeugte extreme ultraviolette Strahlung (XUV) und führten somit die erste XUV- Kohärenztomografie im Labormaßstab durch. Die Wellenlänge dieser Strah- lung liegt bei etwa 20 bis 40 Nanome- tern – von dort ist es also nur noch ein kleiner Schritt bis zum Röntgenbereich. »Um XUV-Strahlung zu erzeugen, sind normalerweise Großgeräte, also Teil- chenbeschleuniger wie das Deutsche Elektronen-Synchroton in Hamburg, notwendig«, erklärt Silvio Fuchs vom Institut für Optik und Quantenelekt- ronik. »Demzufolge wäre eine Unter- suchungsmethode dieser Art also sehr aufwendig, teuer und nur für wenige Forscher verfügbar.« Die Jenaer Physi- Mit ultrakurzen Röntgenpulsen lassen sich Prozesse und Strukturen bis in den Nanometer-Bereich auflösen. Erzeugt werden solche Röntgenpulse üblicherweise in riesigen Teilchenbeschleunigern, wie dem DESY in Hamburg. Doch deren Einsatzmöglichkeiten sind begrenzt und der Betrieb der Anlagen ist extrem teuer. Jenaer Physiker entwickeln daher »handliche« Lasersysteme, mit denen sich ultrakurze Röntgenpulse auch im kleineren Labormaßstab erzeugen und für eine Vielzahl von Anwendungen im eigenen Labor nutzen lassen. Bildgebung per »Röntgenblick« TEXT: SEBASTIAN HOLLSTEIN ker konnten diese Methode bereits an Großforschungsanlagen demonstrieren, doch nun haben sie eine Möglichkeit ge- funden, sie auch im kleineren Maßstab anwenden zu können. Dazu fokussierten sie einen ultrakur- zen, sehr intensiven Infrarotlaser in ein Edelgas, etwa Argon oder Neon. »Durch einen Ionisationsprozess wer- den die Elektronen im Gas beschleu- nigt«, erklärt Fuchs. »Diese emittieren dann die XUV-Strahlung.« Zwar sei diese Methode sehr ineffizient, da nur etwa ein Millionstel der Laserstrahlung auch tatsächlich vom infraroten in den extrem ultravioletten Bereich umge- wandelt werde, aber dieser Verlust lasse sich durch den Einsatz von sehr starken Laserquellen ausgleichen. »Die Rech- nung ist einfach. Je mehr wir hineinge- ben, desto mehr bekommen wir auch heraus«, sagt der Jenaer Experte. Starke Bildgebungskontraste entstehen Der Vorteil der XUV-Kohärenztomogra- fie ist, neben der sehr hohen Auflösung, dass die Strahlung stark mit der Probe interagiert, denn verschiedene Stoffe reagieren unterschiedlich auf das Licht. Einige absorbieren mehr und andere weniger. Es entstehen also starke Bild- gebungskontraste, die den Forschern wichtige Informationen, etwa über die materielle Zusammensetzung des zu untersuchenden Objektes, liefern. »Wir haben beispielsweise zerstörungsfrei dreidimensionale Abbildungen von Si- liziumchips erstellt, auf denen man das Trägermaterial und aus anderen Mate- rialien bestehende Strukturen gut von- einander unterscheiden kann«, erklärt Die Erzeugung und Anwendung extrem ultravioletter Strahlung ist zu einem Schwerpunkt an mehreren Forschungsin- stituten in Jena geworden. Hier zu sehen ist Physik-Doktorand Robert Klas hinter einem solchen Versuchsaufbau. Er und seine Kollegen aus dem Team um Prof. Dr. Jens Limpert fokussieren Laserpulse in einen doppelbrechenden Kristall, wobei die Frequenz des ursprünglich infraroten Lichts verdoppelt wird. Das Ergebnis sind Laserpulse im grünen Wellenlängenbereich. Diese werden in einem zweiten Schritt der sogenannten kaskadierten Frequenzkon- version erneut fokussiert, woraus noch höherfrequente Pulse im XUV resultieren. Das Team um Limpert ist führend u.a. in der Entwicklung von Ultrakurzpuls-Lasern mit sehr hoher mittlerer Leistung, die dann zur Erzeugung intensiver XUV-Strahlung angewandt werden kann.
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