Lichtgedanken 03

S C HW E R P U N K T 31 03 | LICHT GEDANKEN sen Mikroben-Wirt-Beziehungen. Die Chemikerin sieht darin ein großes Po- tenzial, neue Naturstoffe zu finden, die beispielsweise zur Bekämpfung von menschlichen Infektionen zum Einsatz kommen können. Anstatt aus Proben zufällig Substanzen zu extrahieren, un- tersucht Beemelmanns‘ Team bioaktive Naturstoffe zuerst innerhalb der orga- nismischen Beziehungen auf ihre mög- liche biologische Funktion. Die Forscher schlagen dabei zwei Fliegen mit einer Klappe: Neben den neuen Naturstoffen verstehen sie gleichzeitig grundlegende Mechanismen komplexer Symbiose- Systeme besser. »Wir haben bereits einige neue Molekü- le gefunden«, hebt die Nachwuchswis- senschaftlerin hervor. Eines der Mole- küle, das von den Aktinobakterien im Darm der Termiten gebildet wird, ist besonders interessant für die Forscher, da es eine neuartige Struktur aufweist. Es handelt sich um ein Hybridmolekül, das aus drei verschiedenen Bausteinen – einem Zucker, einem Polyketid und einer Aminosäure – durch das Zusam- menspiel vieler verschiedener Enzyme gebildet wird. »Das fertige Endmolekül ist biologisch inaktiv, soweit wir das bis- her abschätzen können. Jedoch weisen einige Zwischenstufen antimikrobielle Aktivitäten auf«, erklärt Beemelmanns. Die Naturstoff-Forscherin und ihr Team gehen davon aus, dass diese sogenann- ten Tropolonderivate neben einigen anderen gefundenen Naturstoffen den feindlichen Pilz davon abhalten, den Termitenbau zu befallen – sozusagen eine natürliche Kombination an Pestizi- den bilden, die die Termiten beim An- bau ihrer Nahrungsquelle unterstützt. Wirkstoffe machen Pilze zu Parasiten und Krankenhauskeime unschädlich In weiteren Untersuchungen haben die Forscherinnen und Forscher um Christine Beemelmanns auch einen an- deren parasitären Pilz genauer ange- schaut. Sie konnten beobachten, dass der Pilz aus der Gattung Pseudoxylaria den für die Termiten lebensnotwendi- gen Nahrungspilz wie Unkraut über- wächst. Die Ursache dafür erklärt Bee- melmanns: »Wir konnten aus diesem Schadpilz zyklische Tetrapeptide isolie- ren, die vermutlich für seine parasitäre Kontakt Dr. Christine Beemelmanns Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI) Beutenbergstraße 11a, 07745 Jena Telefon: +49 36 41 53 21 525 E-Mail: christine.beemelmanns@leibniz-hki.de www.leibniz-hki.de Original-Publikation Isolation, biosynthesis and chemical modifi- cations of rubterolones A–F, rare tropolone alkaloids from Actinomadura sp. 5 – 2 (2017), DOI: 10.1002/chem.201701005 Lebensart mitverantwortlich sind.« In weiteren Experimenten fanden die Wis- senschaftler heraus, dass diese aktiven Substanzen auch gegen das Bakterium Pseudomonas aeruginosa wirken. Das ist vor allem deshalb eine interes- sante Erkenntnis, weil Pseudomonas aeru- ginosa – ein typischer Krankenhauskeim – schwerwiegende Wundinfektionen beim Menschen hervorrufen kann. Sol- che sogenannten »Gram-negativen« Bakterien sind schwer zu bekämpfen. Die Jenaer Forscher vermuteten deshalb hier einen potenziellen neuen Wirkstoff zur Behandlung der Wundinfektionen. Jedoch stellte sich dieser Naturstoff als zu toxisch heraus, so dass er für eine Anwendung als Antibiotikum bei Men- schen nicht in Frage kommt. »Aller- dings haben wir weitere Substanzen in der Pipeline, die hoffentlich verbesserte pharmakologische Eigenschaften auf- weisen«, ist Dr. Beemelmanns zuver- sichtlich. Aktuell beantragt das HKI gemeinsam mit der Universität ein Patent für einen neuen Naturstoff, der zur Entwicklung eines neuen Präparats für die Krebsthe- rapie zum Einsatz kommen könnte. Termitenkönigspaar der Spezies Macrotermes nata- lensis. Die Königin (links) kann bis zu 15 Zentimeter groß werden. Deutlich zu erkennen ist ihr vergrößer- ter Hinterleib für die Produktion der Eier. Der König (rechts) wird nur zwei bis drei Zentimeter groß. Die Königin ist umringt von mehreren »Arbeitern« und kleinen »Soldaten«. Die Arbeiter bauen die Pilzgärten an und versorgen Königin und König mit Nahrung. Die Soldaten beschützen die Gärten und das Königspaar.

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