Lichtgedanken 03

S C HW E R P U N K T 30 Wir Menschen sind von vielen verschie- denen Mikroorganismen besiedelt. Wir haben uns nicht nur aneinander ge- wöhnt, wir sind auch voneinander ab- hängig, wie zum Beispiel unsere Dar- mflora beweist (siehe S. 18). Auch wenn einige Bakterien oder Pilze häufig ernstzunehmende Krankheiten verur- sachen – ohne die meisten Mikroorga- nismen können wir nicht leben. So wie uns Menschen ergeht es auch anderen Organismen, die gemeinschaftlich mit Mikroben zusammenleben: Mikroor- ganismen in der Wurzelumgebung im Boden gehen beispielweise eine Sym- biose mit Pflanzen ein und unterstüt- zen sie bei der Aufnahme von Nähr- stoffen. Und auch Insekten haben eine ganz individuelle Darmflora, auf die sie angewiesen sind. Termiten legen in ihren Bauten Gärten an, um Pilze zu kultivieren »Im Darm und im Pilzgarten von pilz- züchtenden Termitenarten befinden sich sogenannte Aktinobakterien. Sie nehmen eine essenzielle Rolle für die Insektengemeinschaft ein«, berichtet Dr. Christine Beemelmanns. Die Che- mikerin leitet eine Nachwuchsgruppe am HKI, die die Wechselbeziehungen von Mikroben und ihrem Wirt auf che- mischer Ebene untersucht. Gemeinsam mit einer interdisziplinären Forscher- gruppe unternahm Beemelmanns 2015 und 2016 Expeditionen nach Südafri- ka, wo pilzzüchtende Termiten leben. Mit ihren Kollegen entnahm sie Pro- ben von Termitenbauten: »Um in den Pilzgarten der Termiten vorzudringen, mussten wir tief graben«, berichtet die Jenaer Wissenschaftlerin. »Vergleichbar mit unserem Getreide- anbau kultivieren Termiten dort einen Pilz der Gattung Termitomyces , um sich von diesem zu ernähren. Sie sind ausge- zeichnete Gärtner«, führt Beemelmanns fort. Damit solch ein hochkomplexes und fragiles Staatengebilde, wie das der Termiten, intakt bleibt, müssen vie- le verschiedene Faktoren im Gleichge- wicht sein. Neben abiotischen Faktoren wie der Zusammensetzung der Erdbe- standteile kommt es vor allem auf das Zusammenspiel der organismischen Partner an. Nur wenn der als Nahrungs- quelle dienende Pilz und die unterstüt- zenden Mikroben der Termiten in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, kann solch ein komplexes Sys- tem überleben. Hierbei sind vor allem sogenannte bioaktive Substanzen wichtig, da sie den beteiligten Organismen als Signal- und Kommunikationsstoffe dienen. Auf diese Weise steuern die Mikroorganis- men ihre Interaktionen und halten das System in der Balance. Insektenstaaten bilden ähnlich wie der Mensch mit sei- nem komplexen Mikrobiom eine Art Superorganismus. Jedoch sind auch diese ökologischen Systeme angreifbar und werden ab und an von Schädlin- gen befallen oder erleiden Infektionen. Zum Beispiel können parasitäre Pilze den lebensnotwendigen Nahrungspilz überwachsen und den gesamten Staat zusammenbrechen lassen. Die Nachwuchsgruppe von Christine Beemelmanns beschäftigt sich mit die- In einem Termitenstaat stimmt die Chemie – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Die fleißigen Termiten bauen einen Pilz in großen Pilzgärten an, von dem sie sich ernähren. Um diese wertvolle Nahrungsquelle zu schützen, bekommen sie Unterstützung von Bakterien. Sie leben im Darm und Garten der Termiten und produzieren Naturstoffe, die feindliche Pilze davon abhalten, den Termitenbau zu befallen. Christine Bee- melmanns untersucht mit ihrem Team am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI) die Beziehung zwischen Wirt und Mikroben und spürt dabei neue Naturstoffe auf. Termiten haben einen »grünen Daumen« TEXT: MONIKA WEISS Termitenhügel einer Macrotermes -Kolonie in Südafrika.

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