Lichtgedanken 03

S C HW E R P U N K T 25 03 | LICHT GEDANKEN stämme ermöglicht«, sagt Prof. Dr. Ute Neugebauer, die maßgeblich an der Entwicklung des neuen Analysesys- tems beteiligt ist. »Bakterien werden mit Licht bestrahlt und das Streulicht analy- siert. Jeder Bakterienstamm lässt dabei ein ganz individuelles, einzigartiges Schwingungsmuster erkennen, durch das man die Erreger eindeutig identifi- zieren kann.« Mithilfe von statistisch hinterlegten Algorithmen lassen sich schließlich die Schwingungsmuster genau zuordnen und somit die Bakterien genau bestim- men. Für eine erfolgreiche Behandlung von Patienten ist es notwendig, nicht nur den Erreger, sondern auch vorliegen- de Resistenzen zu überprüfen. Wäh- rend der Entwicklung des Chipsystems konzentrierten sich die Jenaer Forscher zunächst auf die Bakteriengattung der Enterokokken. Einige Stämme dieser Darmbakterien können Harnwegsin- fektionen aber auch Sepsis und Endo- karditis auslösen. Bereits vor 30 Jahren wurde darüber berichtet, dass manche Enterokokken Resistenzen gegen das Antibiotikum Vancomycin ausgebil- det haben, was sich weltweit zu einem medizinischen Problem entwickelt hat. Deshalb haben Popp und Neugebau- er mit ihren Kolleginnen und Kollegen einen Schnelltest entwickelt, der ganz konkret überprüft, ob diese Erreger auf Vancomycin reagieren oder nicht. Auch hier gelangen die Forscher durch den Einsatz der Raman-Spektroskopie zu einem Ergebnis: Dabei bringen sie Pro- ben der Bakterien in Kontakt mit dem Antibiotikum und beobachten Verän- derungen im Schwingungsmuster. Be- reits nach etwa 90 Minuten lässt sich erkennen, ob die Erreger auf das Medi- kament reagieren und absterben oder nicht. Selbst mit einer entsprechenden Vor- und Nachbereitung dauert das Ver- fahren höchstens dreieinhalb Stunden. Die Analysemethode ist außerdem für andere Erregertypen und Antibioti- ka anwendbar. Zudem sollen auf dem Chip mehrere Antibiotika gleichzeitig getestet werden können. Alltagstaugliches Chipsystem für die Arztpraxis »Unser Ziel ist es nun, ein geschlosse- nes Schnelltestsystem zu entwickeln, das Mediziner sowohl in der Klinik als auch in einer Arztpraxis einsetzen kön- nen«, erklärt Jürgen Popp die weiteren Pläne. »Dafür braucht es natürlich den Chip sowie entsprechende Lesegeräte, die das Ergebnis ermitteln. In zwei bis drei Jahren wollen wir einen ersten Pro- totypen vorstellen – erste Kontakte zu Partnern aus der Industrie sind bereits geknüpft.« Überhaupt setzt Popp sehr auf interdisziplinäre Zusammenarbeit, für die er in Jena optimale Bedingungen sieht. Allein der Forschungscampus er- mögliche fruchtbare Kooperationen mit Medizinern, Wissenschaftlern anderer Fachrichtungen und Partnern aus der Industrie. Die Nähe zum Uniklinikum ist zudem unerlässlich, denn eine solche Analysemethode lasse sich ohne Kennt- nisse über den Alltag in einem Kranken- haus, über medizinische Arbeitsabläu- fe und Sicherheitsstandards gar nicht verwirklichen. Deshalb sei es wichtig, dass beispielsweise seine Kollegin Ute Neugebauer direkt im CSCC im Uni- klinikum forscht. Doch Popp betont auch, dass die techni- sche Entwicklung allein nicht ausreicht, um gegenAntibiotikaresistenzen vorzu- gehen. Denn was nützen die besten Me- thoden, wenn sie aus Kostengründen nicht zum Einsatz kommen? »Wichtig ist es deshalb, dass wir die Kranken- kassen mit ins Boot holen. Auch hierfür müssen wir in den kommenden Jahren Gespräche führen.« Die Dringlichkeit, die sich in den aktuellen Zahlen zu Krankenhausinfektionen ausdrückt, sollte dabei das Problembewusstsein verstärken. Bild links: Raman-Spektroskopie mit dem Chip, mit dem sich Infektionserreger binnen weniger Stun- den eindeutig nachweisen lassen. Die Jenaer Neu- entwicklung kann zugleich Hinweise darauf geben, ob die Erreger auf die verabreichten Antibiotika reagieren oder Resistenzen aufweisen. Das spart kostbare Zeit für die Behandlung der Patienten. Bild rechts: Prof. Dr. Jürgen Popp und Prof. Dr. Ute Neugebauer haben das neue Analysesystem entwickelt.

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