Lichtgedanken 03
S C HW E R P U N K T 24 Für eines der drängendsten Probleme der Medizin im noch jungen 21. Jahrhundert ist ausgerechnet die Be- kämpfung von Infektionskrankheiten verantwortlich. Denn immer mehr Erreger passen sich an antibiotische Wirkstoffe an und lassen Medikamente ins Leere laufen. Neue Antibiotika wurden in den letzten 20 Jahren kaum entwickelt. In Deutschland erleiden jährlich etwa 500 000 Patienten eine sogenannte Krankenhaus- infektion – 15 000 von ihnen sterben in der Folge. Schnellere und genauere Diagnosemethoden könnten dabei helfen, Antibiotika zielgerichteter und schonender einzusetzen. Wissenschaftler der Universität Jena, des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien (IPHT) sowie des Center for Sepsis Control and Care (CSCC) bieten dafür eine Lösung. Schnelltest zeigt Antibiotikaresistenzen an TEXT: SEBASTIAN HOLLSTEIN »Alle Lebewesen – und besonders Mi- kroorganismen – passen sich ihrer Um- welt an, um das Überleben ihrer Art zu sichern«, macht Prof. Dr. Jürgen Popp von Anfang an klar. »Resistenzen gegen Antibiotika lassen sich also nicht ver- hindern – aber sie lassen sich hinauszö- gern.« Dafür müsse ein Arzt genau das Medikament verschreiben können, das ausschließlich den Erreger einer Infek- tion bekämpft. Bisher allerdings ist es üblich, mit breitbandigen Antibiotika gegen den Verursacher vorzugehen. Da- mit werden auch andere Bakterien abge- tötet. Das fördert die Resistenzbildung bei weitaus mehr Bakterienstämmen. Würde der Arzt wissen, mit welchem Erreger genau er es zu tun hat, könn- te er gezielter Mittel verschreiben, die sich nur gegen den vorliegenden Keim richten. Doch dafür sind komplizierte Diagnoseverfahren notwendig, die bis zu 72 Stunden dauern können und eine schnelle Behandlung der Krankheit ver- hindern. »Wir brauchen also Testverfah- ren, die schnell aufzeigen, wie ein Erre- ger auf ein Antibiotikum reagiert«, fasst Chemiker Popp zusammen. Eine solche Methode hat Popp, der das Institut für Physikalische Chemie der Uni Jena und das IPHT leitet, gemein- sam mit Kolleginnen und Kollegen vom InfectoGnostic Forschungscampus in den vergangenen Jahren entwickelt. Im Mittelpunkt steht dabei ein etwa ein Quadratzentimeter großer Chip. Auf ihmwerden Patientenproben, z. B. Urin, mit Antibiotika in Kontakt gebracht, die mit den darin enthaltenen Bakterien reagieren. Um sie genauer unter die Lupe nehmen zu können, werden die Erreger mittels Dielektrophorese auf dem Chip in einem Bereich von weni- gen Mikrometern konzentriert. Dafür ist die Chipoberfläche mit Elek- troden versehen, die – legt man eine Spannung an – inhomogene elektri- sche Felder erzeugen. Diese wiederum fixieren die Bakterien an bestimmten Punkten, ohne sie zu beschädigen. Sind die Erreger so angereichert, können die Wissenschaftler die eigentliche Analy- se durchführen. »Dafür nutzen wir die Raman-Spektroskopie – ein optisches Lichtstreuverfahren, das die genaue Identifizierung einzelner Bakterien-
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