Lichtgedanken 03
S C HW E R P U N K T 11 03 | LICHT GEDANKEN Mikroorganismen bestehen nur aus ei- ner Zelle bzw. Aggregaten von Einzel- zellen. Zu den mikroskopischen Kleinst- lebewesen gehören Bakterien, Archaeen (der älteren Bezeichnung nach »Arche bakterien«), die meisten Pilze (auch Hefen), Mikroalgen und Protozoen (Amöben). Auch Viren – eigentlich kei- ne Lebewesen – werden meist zu den Mikroorganismen gezählt. Mikrobielles Leben ist Leben auf engstem Raum, auf das kleinste Maß reduziert. Doch trotz des Minimalismus’ in ihrem Aufbau verfügen Mikroorganismen über eine große Vielfalt an Stoffwechselwegen und -produkten, die sie extrem anpas- sungsfähig machen. Nahezu jedes Habitat der Erde ist von Mikrowesen besiedelt Grob geschätzt leben rund 10 30 Mikroor- ganismen auf unserer Erde, das ist eine »Quintillion« – eine Billiarde mal eine Billiarde. Ein Großteil von ihnen ist zudem noch unentdeckt, Schätzungen zufolge kennen wir erst ein bis fünf Prozent aller Mikroorganismen. Klar ist jedoch die immense Bedeutung der Winzlinge für das Leben auf der Erde: Mikroben spielen die entscheidende Rolle in den Stoffkreisläufen der Natur und sorgen damit für die Lebensgrund- lagen sämtlicher höherer Organismen. Lebensraum Wasser Ob Regenpfütze, Gartenteich, Fluss oder Weltmeer – in allen Gewässern kommen Mikroorganismen vor: von Bakterien und Algen über Wimper- und Pantoffeltierchen bis hin zuAmöben. Im Wasser wimmelt es nur so von Kleinst- lebewesen. So hatte der niederländische Naturforscher und Tuchhändler Antoni van Leeuwenhoek im 17. Jahrhundert in Wassertropfen aus einem Tümpel erst- mals mikrobielles Leben entdeckt und beschrieben. Algen sind für rund die Hälfte des welt- weit produzierten Sauerstoffs verant- wortlich und binden dafür das Treib- hausgas Kohlendioxid. Sie sind somit ein zentraler Faktor für das Weltklima. Als Bestandteil des Planktons sind Al- Mikrobiologische Forschung an der Universität Jena und außeruni- versitären Instituten der Region Die 2006 an der Universität Jena gegründete Graduiertenschule »Jena School for Microbial Communication« (JSMC) wird seit 2007 in der Exzellenzinitiative des Bun- des und der Länder gefördert. Sie vereint Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft- ler aus den Natur- und Lebenswissenschaften, wie der Biologie, Chemie, Medizin, Pharmazie, Biotechnologie, Geologie, Mathematik, Physik und Informatik. Ziel der JSMC ist es, die »Sprache« von Mikroorganismen untereinander sowie mit höheren Organismen und der Umwelt zu entschlüsseln. Das bildet die Voraussetzung für ein besseres Verständnis vieler Krankheiten oder der Ursache von Schäden in der Um- welt. Viele der aus Grundlagenforschung gewonnenen Erkenntnisse bilden die Basis für die Entwicklung innovativer Technologien und Wirkstoffe. Seit der Gründung ha- ben über 130 Doktoranden und Doktorandinnen ihre Dissertationen abgeschlossen. Derzeit zählt die JSMC 135 aktive Promovierende, von denen jeder Dritte aus dem Ausland kommt. Mit krankheitserregenden Pilzen befasst sich der Sonderforschungsbereich/Trans- regio »FungiNet« . In dem 2013 gestarteten Forschungsverbund arbeiten Wissen- schaftler der Universität Jena, des Jenaer Universitätsklinikums und des Leibniz-In- stituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI) gemeinsam mit Kollegen der Universität Würzburg und ihrem Klinikum zusammen, um pilzbedingte lebensbedrohliche Infektionen besser zu verstehen und neue antiin- fektive Therapien zu entwickeln. Ebenfalls seit 2013 arbeiten Ökologen, Geowissenschaftler und Chemiker im Sonder- forschungsbereich »AquaDiva« daran, die Verknüpfung von ober- und unterirdischen Lebensräumen von Pflanzen und Mikroorganismen sowie die darin ablaufenden Prozesse zu analysieren, um aus den gewonnenen Erkenntnissen Empfehlungen für den nachhaltigen Schutz dieser Ökosysteme und ihrer Dienstleistungen für den Men- schen zu entwickeln. Konkret geht es dabei unter anderem um den Schutz der natür- lichen Grundwasserreservoire. Neben Wissenschaftlern der Uni Jena gehören auch Forscher des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie, des Leibniz-Instituts für Pho- tonische Technologien (IPHT) und des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung (UFZ) zu »AquaDiva«. Chemische Mediatoren – Signalmoleküle, die die Wechselbeziehungen zwischen Zellen und Organismen einer oder mehrerer Spezies bestimmen – stehen seit 2014 im Fokus des Sonderforschungsbereichs »ChemBioSys« . Die Forscher von Univer- sität, HKI und dem Max-Planck-Institut für chemische Ökologie belauschen und entschlüsseln darin das chemische »Stimmengewirr« in Biosystemen mit Pilzen, Bakterien, Mikroalgen, Pflanzen, Tieren und Humanzellen, um zu klären, wie solche Gemeinschaftsstrukturen entstehen, funktionieren und ihre Vielfalt erhalten bleibt. Chemiker, Materialwissenschaftler, Pharmazeuten, Mediziner und Biochemiker der Universität Jena und des Universitätsklinikums sowie Wissenschaftler des IPHT, des HKI sowie des Leibniz-Instituts für Alternsforschung (FLI) wollen im 2017 gestar- teten Sonderforschungsbereich »PolyTarget« Nanopartikel entwickeln, mit denen sich Medikamente gegen mikrobielle Infektionen zielgerichtet steuern lassen. Damit werden die bereits stark aufgestellte Sepsis- und die Infektionsforschung in Jena weiter gestärkt.
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