Lichtgedanken 02
Rubrik 35 02 | LICHT GEDANKEN Kontakt Prof. Dr. Stefan Schuster Lehrstuhl für Bioinformatik Ernst-Abbe-Platz 2, 07743 Jena Telefon: 03641 / 949580 E-Mail: stefan.schu@uni-jena.de pinguin.biologie.uni-jena.de/bioinformatik Original-Publikation Schuster S et al. Use of Fibonacci numbers in lipidomics – enumerating various classes of fatty acids. Scientific Reports 7 (2017) 39821, DOI: 10.1038/srep39821 führt Schuster aus. Je länger die Kette, umso exakter nähert sich die Folge die- sem Faktor an. Während für Kettenlän- gen von einem bzw. zwei Kohlenstoffa- tomen jeweils nur eine Struktur möglich ist, wächst die Zahl bei drei und mehr Kohlenstoffatomen auf zwei, drei, fünf usw. an. »Bei sechs haben wir bereits acht Möglichkeiten, bei sieben Kohlen- stoffatomen dreizehn mögliche Struktu- ren und so weiter.« Goldener Schnitt in der Natur Der Faktor 1,618… beschreibt dabei ein Größenverhältnis, das in der Natur, aber auch in der Kunst als »Goldener Schnitt« bekannt ist. Zu finden ist dieser etwa in architektonischen Meisterwer- ken, wie dem alten Rathaus in Leipzig, aber auch in Blüten, Schneckenhäusern und sogar im menschlichen Körper. Verhalten sich die Größen von Gebäu- deteilen, Pflanzen- oder Körperpropor- tionen etwa im Verhältnis von 1,618 zu- einander, so empfindet das menschliche Auge diese als besonders ausgewogen und »stimmig«. »Auch die Blätter vieler Pflanzen oder die Samen der Sonnenblume sind nach dieser Regel angeordnet«, führt Prof. Dr. Severin Sasso vom Institut für Allge- meine Botanik und Pflanzenphysiologie aus. Der Juniorprofessor für Molekulare Botanik gehört neben Doktorand Maxi- milian Fichtner zu den Autoren der Pu- blikation. »Es ist interessant, dass auch bestimmte Inhaltsstoffe der Sonnenblu- me – die Fettsäuren – diesem Prinzip folgen.« Allerdings kommen bei weitem nicht alle möglichen Fettsäuren im Son- nenblumenöl vor. Dieses besteht zum überwiegenden Teil aus Fettsäuren mit einer Kettenlänge von 16 bzw. 18 Koh- lenstoffatomen. Nach der Berechnung der Jenaer Bioinformatiker könnten die- se theoretisch in knapp 1000 bzw. über 2500 verschiedenen Varianten vorlie- gen. »Ähnliche Zusammenhänge gelten auch für bestimmte Klassen von Amino- säuren«, ergänzt Maximilian Fichtner. Anwenden lassen sich die Ergebnisse zur Fibonacci-Folge in Fettsäuren vor allem im Bereich der Lipidomik – der umfassenden Analyse sämtlicher Fette einer Zelle oder eines Organismus. »Da- für ist eine genaue Kenntnis dessen, was an Substanzen theoretisch vorkommen kann, unerlässlich«, betont Prof. Schus- ter. Mit Hilfe der Lipidomik werden die Stoffwechselprozesse und Interaktionen mit anderen Zellsubstanzen untersucht, an denen Fette und ihre Bestandteile be- teiligt sind. Die Anordnung der Samen von Margeriten, Gänseblümchen oder Sonnenblumen, aber auch die Struktur des Romanesco Broccoli (Bild links), folgt der Fibonacci-Zahlenfolge: Das Verhältnis zweier aufeinanderfolgender Zahlen nähert sich dabei dem Verhältnis des »Goldenen Schnittes« immer weiter an. Der resultierende »Goldene Winkel« von 137,5 Grad bildet den optimalen Winkel zwischen aufeinanderfolgenden Blatt- oder Samenanlagen.
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