Lichtgedanken 02
S C HW E R P U N K T 29 02 | LICHT GEDANKEN ohne Löcher und mit einem Rahmen aus neuem Papier – und legt sie noch feucht glänzend auf einen Unterdruck- tisch. Wieder wird ein Schalter umge- legt. Klang es eben nach Waschmaschi- ne, so erinnert die Geräuschkulisse nun an den lauten Luftstrom eines Hand- trockners. Nun wird Luft durch das angefaserte Papier gesaugt und so ein Großteil der Feuchtigkeit entfernt. Zum Schluss wird das gesamte Papier mit Stärkekleister bestrichen, um die Fasern zu festigen und vor dem neuerlichen Zerfall zu schützen. Kaum zehn Minu- ten hat die ganze Prozedur gedauert, den löchrigen, brüchigen Druckbogen in ein stabiles Blatt Papier zurück zu verwandeln. »Die letzten Schritte sind das Trockenpressen der Papiere und das Abschneiden der überschüssigen Fa- sern an den Rändern der Originalpapie- re«, erzählt mir Annett Blumenthal, als wir die Werkstatt wieder verlassen. Was später noch folgt, kenne ich bereits von Susanne Kull: Pressen, Heften, Einbin- den und der Luther-Band kann zurück ins Magazin. Reformationsjubiläen aus anderer Zeit Auf dem Weg nach draußen mache ich einen Abstecher zurück in die Aus- stellung. Auf eine Vitrine hatte mich Joachim Ott bei unserem Rundgang aufmerksam gemacht, in der Exponate ausgestellt sind, die weitaus jüngeren Datums sind. Es handelt sich um Jubi- läumsschriften zu früheren »runden« Reformationsjubiläen. Bereits 1617 fei- erten Universität und Kirche in Jena ein sechstägiges Fest zumAndenken an 100 Jahre Reformation. Auch 1717, 1817 und 1917 wurde der großen europäischen Umwälzung gedacht. Was wird an dieser Stelle wohl in 100 Jahren präsentiert, dann zum 600. Ju- biläum von Luthers Thesenanschlag? Wer weiß. Sicher scheint mir dagegen: Die Bücher aus Luthers Feder und mit seiner Handschrift versehen, die hier in der ThULB aufbewahrt und erhalten werden, sind dann immer noch in gu- tem Zustand – dank der Arbeit der Re- stauratoren, handwerklichem Geschick und neuester Technik. Bild oben: Restauratorin Annett Blumenthal bereitet die historischen Blätter für das Anfasern vor. Bild mittig: In das Anfaserbecken werden Zellulose- fasern gespült, die die Fehlstellen im Papier ergänzen. Bild unten: Die erneuerten Buchblätter werden anschlie- ßend getrocknet, frisch zugeschnitten und geheftet.
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