Lichtgedanken 02

S C HW E R P U N K T 14 Die nationale Sonderausstellung »Luther und die Deutschen«, die bis 5. November auf der Wartburg in Eisenach zu sehen ist, reflektiert das Verhältnis der Deutschen zum berühmten Reformator im Verlauf von 500 Jahren. Die Uni Jena stellt den Kuratoren der Ausstellung dabei nicht nur Exponate zur Verfügung, sondern auch geballte wissenschaftliche Expertise. Luther ist nicht gleich Luther – vielmehr unterlag das Bild vom großen Reformator in den vergangenen fünf Jahrhunder- ten regelmäßigen Veränderungen, vom Propheten bis hin zum Separatisten. Wie dieses wechselvolle Verhältnis begründet ist, beleuchtet die nationale Sonderausstellung »Luther und die Deutschen« seit dem 4. Mai auf der Wartburg. Nicht we- niger als vier Wissenschaftler der FSU gehören zum Stab der wissenschaftlichen Berater für die Ausstellung. Der Frühneu- zeithistoriker Prof. Dr. Georg Schmidt, der Reformationshisto- riker und Leiter des Universitätsarchivs apl. Prof. Dr. Joachim Bauer, der Theologe Prof. Dr. Christopher Spehr sowie der Germanist Prof. Dr. Jens Haustein standen bei der mehrjähri- gen Vorbereitung mit Einsichten in ihre jeweiligen Fachgebie- te unterstützend zur Seite. In drei Teilen befasst sich die Ausstellung mit Luthers Zeit auf der Wartburg, mit seinem Verdienst um die – religiöse, per- TEXT: JULIANE DÖLITZSCH Wechselvoller Luther sönliche, familiäre – Freiheit und die deutsche Sprache sowie mit der politischen Instrumentalisierung des Reformators. Die Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek steuert der Exposition elf Drucke bei, darunter das Septembertestament Luthers von 1522, das heute nur noch wenige Male im Ori- ginal existiert. Die Uni Jena stiftet vor allem Stücke aus ihrer Gründungszeit Mitte des 16. Jahrhunderts, zum Beispiel das Universitätssiegel und das Siegel der Theologischen Fakultät. Einige weitere Exponate, wie die Amtskette des Rektors der Uni, entstammen dem 19. Jahrhundert, als Luther zunehmend zum »deutschen Nationalhelden« stilisiert wurde. »Das Bild des hammerschwingenden Martin Luther ist ein deutlicher Ausdruck dafür«, erklärt Joachim Bauer. »Im 16. Jahrhundert wurde er bereits verehrt, seine Sakralisierung beispielsweise mit Heiligenschein oder als Engel mit ewigem Evangelium er- folgte im 17. Jahrhundert«, ergänzt Christopher Spehr. Die Deutschen und ihre Weltsicht Die Ausstellung zeigt dabei nicht nur alle Facetten Martin Luthers: »Den Deutschen ging es nicht unbedingt um Luthers Perspektive, sondern um den Einbau Luthers in ihre gängigen Weltansichten«, so Bauer. Natürlich habe sich Luther ambiva- lent zu den Juden geäußert. Doch wurden im Dritten Reich ganz bewusst seine äußerst negativ formulierten Wertungen für die Propagierung der NS-Ideologie aufgegriffen, erläutert Spehr. Und so ist die Ausstellung im wahrsten Sinne ihres Namens nicht nur eine Exposition über Luther, sondern auch über die Deutschen. In der Reflexion Luthers spiegeln sie sich und ihre Geschichte letztlich selbst wider. Das Septembertestament Luthers von 1522 aus der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek wird in der Ausstellung gezeigt. Die Amtskette des Rektors von 1858 (oben) und das Siegel der Universität aus ihrer Gründungszeit mit dem Abbild des Kurfürsten Johann Friedrich I. sind ebenfalls auf der Wartburg zu sehen.

RkJQdWJsaXNoZXIy OTI3Njg=