Jahresbericht 2020-2021

Arbeitsgruppe Chemische Ökologie der Makroalgen und ihrer Bakterien PD Dr. Thomas Wichard Forschungsschwerpunkte  Multizelluläre algale Modellsysteme: Symbiotische Interaktionen zwischen Bakterien und Makroalgen. Entwicklung analytischer Verfahren zur Identifizierung chemischer Mediatoren in wechselseitigen Beziehungen  Holobiont unter Stress: Kälteanpassung von Ulva und ihrem assoziierten Mikrobiom in einer sich verändernden Umwelt, Makroalgen in Aquakulturen gärtnern ihr Microbiome  Von den Genen zum Ökosystem: Entwicklung molekularbiologischer Methoden für Makroalgen zur Untersuchung der Signalrezeption von (bakteriellen) Wachstumsfaktoren in Freilandversuchen Die marine Makroalge Ulva, auch Meersalat genannt, lebt in enger Gemeinschaft mit einer komplexen bakteriellen Begleitflora. In der Natur vermehren sich einige Ulva-Arten massenhaft zu Algenblüten mit sozioökonomischen Folgen für die Küstengebiete. Die AG Wichard hat in den letzten Jahren zum Verständnis der Bakterieninduzierten algalen Entwicklung erkennbar beigetragen. Ohne Bakterien entwickelt sich Ulva zu einem unförmigen Zellhaufen. Es reicht aber die Kombination von zwei spezifischen Bakterien aus, um die Gestaltbildung (Blattform und Haftorgan) von Ulva mutabilis in einer Dreiecksbeziehung vollständig zu aktivieren [1,2]. Gefördert durch den SFB 1127 „ChemBioSys“ wurde dieses Modelsystem für chemisch-vermittelte Interaktionen etabliert (Abb. 1A) und ist nun zugänglich für weitere system-biologische Fragestellungen (Abb. 1B). Anpassung von Makroalgen an Kältestress: Die Reaktion von Meeresalgen auf eine sich verändernde Umwelt wird im Zusammenhang mit dem dazugehörigen Mikrobiom untersucht. Die AG Wichard verfolgt die Hypothese, dass Ulva nur Chemisch vermittelte Wechselwirkungen zwischen marinen Makroalgen und ihren assoziierten Bakterien dann auf Stressreaktionen angemessen reagiert, wenn auch ihr Mikrobiom sich an die Umweltveränderungen anpasst, um Wachstumsfaktoren wie z.B. Thallusin für die Alge bereitzustellen [1,2]. Im Rahmen des DFG SPP 1158 „Antarktisforschung“ (siehe S. 25) befasst sich die AG mit der Anpassung von Ulva an kalte Temperaturen durch intrinsische Veränderungen im Stoffwechsel (Genexpression, Metaboliten-Produktion) in Abhängigkeit von dem assoziierten Mikrobiom [2] (Abb. 1). Vom Modelorganismus zur Anwendung: Die Arbeitsgruppe ist im Jahr 2021 Gründungsmitglied der EU-COST Action CA20106 „SeaWheat Tomorrow’s Wheat of the Sea, a Model for an Innovative Mariculture“ (siehe S. 182) geworden. Das Hauptziel dieses Netzwerkes ist es, die Entwicklung einer auf Ulva basierenden Blauen Biotechnologie z.B. zur Aufbereitung von Abwasser in der EU zu fördern und die Nutzung von Ulva in Aquakulturen zu etablieren. Die Arbeitsgruppe erforscht dazu die notwendigen Grundlagen [3]. [1] Alsufyani T. et al. (2020): Journal of Experimental Botany 71: 33403349. DOI: 10.1093/jxb/eraa066. [2] Ghaderiardakani, F., Quartino, M.L., Wichard, T. (2020): Frontiers in Marine Science 7: 575228. DOI: 10.3389/fmars.2020.575228. [3] Califano G., et al. (2020): Frontiers in Marine Science 7:52. DOI: 10.3389/fmars.2020.00052. Abb. 1. Forschungsobjekte: (A) Darstellung der chemisch vermittelten Wechselwirkungen zwischen U. mutabilis und den Bakterien Roseovarius sp. und Maribacter sp. [1]. (B) Ulva ist in vielen Ökosystemen heimisch und wurde von der AG Wichard in der Antarktis auf King Georg Island im Jahr 2020 untersucht [2] (©Autoren CCBY 4.0 aus [1,2]). 56 — FORSCHUNG

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