Jahresbericht 2018-2019

Professur für Bioaktive Gläser Prof. Dr. Delia Brauer Forschungsschwerpunkte  Materialchemie nichtmetallisch-anorganischer Werkstoffe, insbesondere von Gläsern und Glaskeramiken: Oberflächenreaktionen, Kristallisation, Korrosion oder Löslichkeit  Biomaterialien zur Regeneration von Hart- und Weichgewebe, wie bioaktive Gläser, Glasionomer-Zemente, Beschichtungen, Fasern: Synthese und Charakterisierung chemischer und mechanischer Eigenschaften sowie in vitro-Zellkompatibilität  Glasstruktur und strukturbasiertes Design neuer Zusammensetzungen 88 — FORSCHUNG Bioaktive Gläser, d.h. Phosphosilicatgläser mit hohen Gehalten an Wandleroxiden wie Calcium- oder Natriumoxid, werden erfolgreich zur Kno- chenregeneration oder zur Remineralisation von Zähnen eingesetzt. Diese Gläser zeigen sehr schnelle Korrosionsprozesse im Kontakt mit wässrigen Lösungen, geben dabei über einen Io- nenaustauschprozess Ionen an das wässrige Me- dium ab und bilden eine Oberflächenschicht aus nanokristallinem, biomimetischem Apatit. Durch ihre hohen Wandleroxidgehalte zeigen klassische bioaktive Gläser eine ausgeprägte Ten- denz zur Kristallisation, was die Verarbeitung, z. B. das Ziehen von Fasern oder das Sintern (Abb. 1), stark einschränkt. Die Möglichkeit, Gläser bei ho- hen Temperaturen zu verarbeiten, ist jedoch not- wendig für die Herstellung von porösen Scaffolds zur Knochenregeneration oder Fasermatten für die Weichgeweberegeneration. In einem aktuellen DFG-Forschungsprojekt (BR 4608/7) wird der Ein- fluss der Kristallisation auf die Löslichkeit von bio- aktiven Gläsern und somit beispielsweise die ge- Bioaktive Gläser zielte Abgabe therapeutisch wirksamer Ionen un- tersucht. Dazu kombinieren wir strukturelle Unter- suchungen (z. B. mit Festkörper-NMR oder Infra- rot-Spektroskopie) mit Löslichkeits- und Biokom- patibilitätsuntersuchungen. Ziel dieses For- schungsvorhabens ist es, experimentelle Untersu- chungen mit strukturchemischen Modellen zu verbinden, um daraus Strategien abzuleiten, wie das Kristallisationsverhalten gezielt kontrolliert und eingestellt werden kann, um die Bioaktivität gesinterter Gläser zu gewährleisten. Durch ihre einstellbare Löslichkeit lassen sich bioaktive Gläser auch weiterverarbeiten, z. B. zu Zementen nach Vorbild von dentalen Glasiono- mer-Zementen. Dabei reagiert das Glas mit einer polymeren Säure, z. B. Polyacrylsäure, und bildet dabei einen Zement, der sich minimal-invasiv, also durch Injektion, plazieren lässt. Im Rahmen eines von der DFG geförderten Forschungspro- jekts (BR 4608/3) wird gemeinsam mit der Grup- pe von Prof. Schacher (IOMC) an resorbierbaren Glasionomer-Knochenzementen geforscht. [1] Blaeß C., Müller R., Poologasundarampillai G., Brauer D.S. (2019): Sintering and concomitant crystallisation of bioactive glasses. Internati- onal Journal of Applied Glass Science, DOI: 10.1111/ijag.13477. [2] Zhang K., Alaohali A., Sawangboon N., Sharpe P.T., Brauer D.S., Gent- leman E. (2019): A comparison of lithium-substituted phosphate and borate bioactive glasses for mineralised tissue repair. Dental Materials, DOI: 10.1016/j.dental.2019.03.008. [3] Wetzel R., Brauer D.S. (2016): Apatite formation of substituted Bioglass 45S5: SBF vs. Tris. Materials Letters, DOI: 10.1016/ j.matlet.2019.126760. Abb. 1. Sinterverhalten eines neu entwickelten, gut zu sinternden bioaktiven Glases (F3) im Vergleich zum bekannten bioaktiven Glas 45S5.

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