Jahresbericht 2018-2019
Professur für Strukturgeologie Prof. Dr. Kamil Ustaszewski Forschungsschwerpunkte Tektonische Entwicklung von Kollisionsgebirgen (Alpen, Balkan-Halbinsel, Taiwan, Zagros-Gebirge) Aktive Tektonik und Paläoseismologie 2D- und 3D-Modellierung geologischer Strukturen Tektonometamorphe Prozesse in Subduktionszonen (Albanien, Taiwan) 130 — FORSCHUNG Seit 2017 untersuchen wir in diesem Projekt (Teil des DFG-geförderten SPP2017 „Mountain building processes in 4D“, www.spp-mountainbuilding.de ) Erdoberflächenprozesse als Ausdruck quartärer Tektonik und Struktur der flachen Erdkruste in den östlichen Alpen die aktive Tektonik im Übergangsbereich zwi- schen den Alpen und den Dinariden. Zwar sind Erdbeben in Slowenien und im Nordosten Italiens keine Seltenheit, doch sind nur wenige sehr star- ke Beben historisch überliefert. Man wusste bis- lang nur wenig über deren Rolle bei der Kollision der Adriatischen Platte mit Europa. Mithilfe geo- physikalischer Verfahren und hochauflösender Geländemodellen ist es uns gelungen, Hinweise auf vergangene Erdbeben zu finden (Abb. 1). Im nächsten Schritt wurden paläoseismologische Schurfe angelegt, um die Verwerfungen genauer in Augenschein zu nehmen (Abb. 2). Diese künst- lichen Aufschlüsse erlauben nicht nur die Be- stimmung des Schersinns starker seismischer Ereignisse, sondern auch die Ermittlung des Ver- satzbetrages. Damit kann die Magnitude von Erdbeben abgeschätzt werden, selbst wenn die- se vor Tausenden von Jahren stattfanden. Die versetzten und deformierten Sediment- schichten konnten mit der Radiokarbonmethode datiert werden. Dadurch wissen wir jetzt zum Beispiel, dass vor rund 2000 Jahren an der Idrija- Verwerfung in Slowenien ein starkes Erdbeben stattgefunden hat. Auch von weiteren Störungen konnten wir die jüngste Aktivität bestimmen. Dabei ergibt sich ein überraschendes Bild: Anstatt einer einzigen Störung, die den Hauptteil der Plattenbewegung aufnimmt, gibt es in West- slowenien ein ganzes Netzwerk aktiver Verwer- fungen. An jeder dieser Nahtstellen muss mit Erdbeben gerechnet werden, die stärker sein können als alles, was dort bislang historisch dokumentiert war. [1] Viscolani, A., et al. (2020): Late Quaternary Tectonic Activity of the Udine-Buttrio Thrust, Friulian Plain, NE Italy. Geosciences 10(2), 84, doi:10.3390/geosciences10020084. Abb. 2. Ein paläoseismologischer Schurf an der Idrija- Störung in Slowenien erlaubt die Datierung des letzten starken Erdbebens in dieser Region. Foto: Christoph Grützner. Abb. 1. Geländeansicht der Idrija-Störung in Slowenien mit Lage eines geoelektrischen Profils zur Erkundung der Untergrundstrukturen entlang der Störung. Grafik: Christoph Grützner.
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