Jahresbericht 2018-2019

Grundwasserökosysteme und -nahrungsnetze, gehören zu den letzten großen „Weißen Flecken“ auf der Landkarte der terrestrischen Ökosystemfor- schung. Es existiert nur sehr geringes und lücken- haftes Wissen über Diversität und Ökologie sowie die Stoff- und Energieumsätze dieses für uns so wichtigen Kompartimentes „unter unseren Füßen“. Im Rahmen des SFB AquaDiva untersuchen wir Eintrag, Transport und Transformation von Kolloi- den sowie deren Einfluss auf Verwitterung und Alteration der Kluftoberflächen (Abb. 2). Diese Substanzen umfassen nicht nur primäre und se- kundäre Mineralphasen wie Tonminerale, Eisen-, Aluminium- und Siliziumoxide sowie Karbonate und die kolloidalen organischen Substanzen, son- dern auch mineralorganische Mischphasen und Biokolloide, u. a. (Mikro-)Organismen und deren Bruchstücke. Diese Komponenten sind nicht nur wichtige Transportvehikel für organische und an- organische (Schad-)Stoffe. Sie sind auch eine mögliche Quelle von organischem Kohlenstoff für heterotrophe Organismen und damit ein Energie- lieferant für das „Leben im Untergrund“. Aber auch Das Grundwasser — nicht nur eine Ressource für Trinkwasser: Der DFG-SFB 1076 AquaDiva für die Biodiversität und die Evolution des unterir- dischen Lebens spielen diese Kolloide eine noch weitestgehend unverstandene Rolle. Siehe www.aquadiva.uni-jena.de und hier: [3] Lehmann R., Totsche K.U. (2020): Multi-directional flow dynamics shape groundwater quality in sloping bedrock strata. Journal of Hydrology 580: 124291. doi: 10.1016/j.jhydrol.2019.124291. [4] Lazar C.S., Lehmann R., Stoll W., Rosenberger J., Totsche K.U., Küsel K. (2019): The endolithic bacterial diversity of shallow bedrock ecosystems. Science of the Total Environment 679: 35-44. doi: 10.1016/ j.scitotenv.2019.04.281. Abb. 2. Präparierte Kluftoberfläche (Kalkstein, Trochitenkalk-Fm., Oberer Muschelkalk) aus der Grundwasserschwankungszone des Hainich CZE. Nahezu 70% des Trinkwassers stammt aus Grundwasser. Dessen noch verhältnismäßig gute Qualität resultiert aus dem Zusammenwirken natürli- cher physikalischer, chemi- scher und biologischer Prozes- se. Diese herausragende Funk- tion des „Bodens unter unse- ren Füßen“ ist fundamentale Grundlage der Ökosystem- dienstleistungen „sauberes Trinkwasser“, „Biodiversität“ und „Bodenfruchtbarkeit“. Die- se Funktionen sind und werden in wachsendem Ausmaß be- einträchtigt. Besonders die Auswirkungen des Klima- und Landnutzungswandels und dem damit einhergehenden zunehmenden Nutzungsdruck auf Boden- und Grundwasser- ressourcen, bzw. -Ökosysteme, sind besorgniserregend. Vor- sorgender und nachsorgender Boden- und Grundwasser- schutz sind damit eine der wichtigsten F&E-Aufgaben am LS Hydrogeologie. Die „Vorsorge“ zielt dabei auf die Entwicklung von Verfahren, die den Eintrag von Fremd- stoffen unterbinden bzw. zu deren Elimination führen („intelligente Flächenfilter“). Die „Nachsorge“ zielt auf die Abminderung und Abwehr von Gefahren, die von eingetrete- nen Umweltschäden ausge- hen. Fokus liegt dabei auf der Entwicklung und Optimierung von Kombinationsverfahren unter Ausnutzung und Verstär- kung natürlicher, standort- spezifischer, physikalischer, geochemischer und (mikro-)biologischer Prozesse. Boden- und Grundwasserschutz unter den Bedingungen des Klima- und Landnutzungswandels Abb. 3. Grundwasserproben- ahme im „Hainich Critical Zone Exploratory“. FORSCHUNG — 129

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