Fakultätsbericht 2016-2017
Professur für Bioaktive Gläser Prof. Dr. Delia Brauer Forschungsschwerpunkte Materialchemie nichtmetallisch-anorganischer Werkstoffe, insbesondere von Gläsern und Glas- keramiken: Oberflächenreaktionen, Kristallisation, Korrosion oder Löslichkeit Biomaterialien zur Regeneration von Hart- und Weichgewebe, wie bioaktive Gläser, Glasionomer- zemente, Beschichtungen, Fasern: Synthese und Charakterisierung chemischer und mechanischer Eigenschaften sowie in vitro-Zellkompatibilität Glasstruktur und strukturbasiertes Design neuer Zusammensetzungen 86 — FORSCHUNG Bioaktive Gläser werden erfolgreich zur Knochen- regeneration oder zur Remineralisation von Zahn- gewebe eingesetzt. Bei diesen Gläsern handelt es sich um Phosphosilicatgläser mit hohen Gehalten an Wandleroxiden wie Calcium- oder Natriumoxid. Diese Gläser reagieren mit physiologischen Lö- sungen und bilden eine Oberflächenschicht aus nanokristallinem, substituiertem Apatit, der dem Knochenapatit in Struktur und Zusammensetzung ähnelt (Abb. 1). In unserer Arbeitsgruppe kombi- nieren wir strukturelle Untersuchungen (z. B. mit Festkörper-NMR oder Infrarot-Spektroskopie) mit Löslichkeits- und Biokompatibilitätsuntersuchun- gen. Ziel dieses Forschungsvorhabens ist es, ex- perimentelle Untersuchungen mit strukturchemi- Bioaktive Gläser schen Modellen zu verbinden. Dadurch soll das Löslichkeitsverhalten der Gläser mechanistisch beschreibbar werden, woraus wiederum Strate- gien abzuleiten sind, wie dieses gezielt kontrol- lierbar und einstellbar ist. Dies kann einerseits stoffseitig durch Optimierung der chemischen Zusammensetzung des betreffenden Glases erfolgen oder andererseits prozessseitig durch Kontrolle der chemischen Prozessparameter während des Lösungsvorgangs. In einem aktuellen DFG-Forschungsprojekt (BR 4608/7) wird der Einfluss von Kristallisation auf die Löslichkeit von bioaktiven Gläsern und somit bspw. die ge- zielte Abgabe therapeutisch wirksamer Ionen untersucht. In einem weiteren DFG-Projekt soll der Lösungsmechanismus von Phosphatgläsern strukturchemisch beschrieben werden (BR 4608/4). Durch ihre einstellbare Löslichkeit lassen sich bioaktive Gläser auch weiterverarbeiten, z. B. zu Zementen nach Vorbild von dentalen Glasionomer- zementen. Hier reagiert ein Glas mit einer poly- meren Säure, z. B. Polyacrylsäure, in einer Säure- Base-Reaktion zu einem Zement, der sich mini- mal-invasiv, also durch Injektion, platzieren lässt. Im Rahmen eines von der DFG geförderten Pro- jekts (BR 4608/3) wird gemeinsam mit der Grup- pe von Prof. Schacher (IOMC) an resorbierbaren Glasionomer-Knochenzementen geforscht. [1] Chen, X.J., Karpukhina, N., Brauer, D.S., Hill, R.G. (2017): High chlo- ride content calcium silicate glasses. Physical Chemistry Chemical Physics, DOI: 10.1039/C6CP07905A. [2] Kirste, G., Brandt-Slowik, J., Bocker, C., Steinert, M., Geiss, R., Brau- er, D.S. (2017): Effect of chloride ions in Tris buffer solution on bioac- tive glass apatite mineralisation. International Journal of Applied Glass Science, DOI: 10.1111/ijag.12288. [3] da Silva, J.G., Babb, R., Salzlechner, C., Sharpe, P.T., Brauer, D.S., Gentleman, E. (2016): Optimisation of lithium-substituted bioactive glasses to tailor cell response for hard tissue repair. Journal of Mate- rials Science, DOI: 10.1007/s10853-017-0838-7. Abb. 1. Mittels Röntgenmikroskopie erhaltenes 3D Volumenmodell eines bioaktiven Glases mit minerali- sierter Apatitschicht auf der Oberfläche sowie darunter- liegender an Metallkationen verarmter Schicht (Schicht- dicke 10-40 µm; Messung: Volker Seybold, Zeiss Xradia).
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