Lichtgedanken 04
S C HW E R P U N K T 40 Unwucht im Trümmerring Zahlreiche Sterne sind von ringförmigen Trümmerscheiben umgeben: Gesteinsbrocken, Schutt und feiner Staub umrunden die Sterne, die mit ihrer Schwerkraft die Ringe wie riesige Hula-Hoop-Reifen auf Linie halten. Astrophysiker analysieren das Licht der Trümmerscheiben, das viel über die Sterne und ihre Planeten verraten kann, selbst wenn diese unsichtbar bleiben. TEXT: UTE SCHÖNFELDER Es ist der Außenposten unseres Sonnen- systems: in rund sechs Milliarden Kilo- metern Entfernung verläuft der Kuiper- gürtel um die Sonne, eine Ansammlung von vielen Tausend tiefgefrorenen Zwergplaneten, Stein- und Eisbrocken. Immer wieder stoßen diese aneinander, werden zertrümmert und hüllen sich in gewaltige Staubwolken – seinem Na- men einer Staub- bzw. Trümmerscheibe macht der Kuipergürtel alle Ehre. Ne- ben ihm besitzt unser Sonnensystem mit dem Asteroidengürtel zwischen Erde und Mars ein weiteres Exemplar einer solchen kosmischen Schutthalde. Um etwa jeden vierten Stern haben Forscher bereits Trümmerscheiben aus- findig gemacht, weitaus mehr werden noch vermutet. Was diese Objekte für die Wissenschaft interessant macht, er- läutert Dr. Torsten Löhne vom Astro- physikalischen Institut. »Trümmer- scheiben sind wesentliche Bestandteile von Planetensystemen. Doch anders als ferne Planeten lassen sie sich von der Erde aus vergleichsweise leicht beob- achten.« Und das, obwohl die einzel- nen Objekte meist wesentlich kleiner sind als Planeten. Den Grund dafür veranschaulicht der Physiker mit einem Vergleich: »Stellen Sie ein Kilo Mehl, verpackt in einer Tüte, mitten in ein Fußballstadion.« Vom Spielfeldrand ist das Mehl sicher noch zu erkennen, aber schon für einen Betrachter in den obers- ten Rängen dürfte es schwierig werden. »Verteilen Sie die gleiche Menge Mehl aber als Staubwolke, kann sie das ganze Stadion ausfüllen.« Wird dieser Staub zudem beleuchtet, ist die Wolke wesent- lich weiter zu sehen, als das verpackte Mehl. »Genauso verhält es sich mit Pla- neten und Trümmerscheiben. Während der Planet viel Masse auf kleinem Raum konzentriert, verteilt sich die Masse in einer Trümmerscheibe über einen we- sentlich größeren Raum.« Aus der Beobachtung von Trümmer- scheiben gewinnen Dr. Löhne und seine Kollegen Informationen über die Plane- tensysteme, die sie beherbergen. Form, Asymmetrische Trümmerscheibe um den Stern Fomalhaut ©ALMA (ESO/NAOJ/NRAO); M. MacGregor Größe und Dynamik der Staubringe las- sen Rückschlüsse auf noch unentdeckte Planeten zu. Zudem liefern Trümmer- scheiben auch Informationen über ihre eigenen Entwicklungsprozesse. Aktuell haben die Astrophysiker asym- metrische Trümmerscheiben unter- sucht. Ein solches Exemplar umrundet beispielsweise den Stern »Fomalhaut«, den hellsten Stern im Südlichen Fisch. Dieser rund 25 Lichtjahre entfernte Stern hat etwa die doppelte Masse un- serer Sonne und besitzt einen beein- druckenden Staubgürtel, wie Infrarot- Aufnahmen zeigen, die das »Atacama Large Millimeter/submillimeter Array« (ALMA) in Chile gemacht hat. Beim ge- nauen Blick fällt auf: Der Ring verläuft nicht radialsymmetrisch um seinen Stern, der etwas außerhalb des Ringzen- trums steht. In ihrer Studie haben Torsten Löhne und seine Jenaer Kollegen, gemein- sam mit Forschern der Uni Kiel, die Ursachen für diese Unwucht mittels Computersimulation analysiert. »Eine Radio-Antennen des »Atacama Large Millimeter/ submillimeter Array« (ALMA) in Chile, gerichtet auf die Milchstraße. ALMA hat die asymmetrische Trüm- merscheibe um Fomalhaut aufgenommen (Abbildung unten). © ESO/B. Tafreshi (twanight.org)
RkJQdWJsaXNoZXIy OTI3Njg=